Moskau - Russland hat am Mittwoch das Protokoll der Kommunikation zwischen der russischen Flugsicherung und dem Flugzeug des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski vor dessen Absturz im vergangenen April in Smolensk veröffentlicht. Die Abschrift auf der Internetseite des Zwischenstaatlichen Luftfahrtkomitees (MAK) zeigt, dass die Fluglotsen über die Ankunft der polnischen Präsidentenmaschine überrascht waren und zugleich wegen des dichten Nebels und schlechter Sicht vor einer Landung warnten.

Zunächst teilte ein Fluglotse am Smolensker Flughafen der zentralen Flugsicherung per Telefon mit, dass eine polnische Tu-154 im Anflug sei, sich aber nicht mit dem Flughafen abstimme und nicht um Landeerlaubnis nachfrage. Der polnischen Crew müsse gesagt werden, dass es dichten Nebel gebe. 40 Minuten später wandte sich der russische Kontrollturm an die Besatzung der Präsidentenmaschine und bedeutete ihr, angesichts einer Sichtweite von nur 400 Metern von einer Landung abzusehen. Der polnische Pilot antwortete, dass er versuchen werde, zu landen.

Wenig später verständigten sich zwei Fluglotsen darauf, dem Flugzeug erneut von einer Landung abzuraten, wobei sie sich einig waren, dass die Entscheidung bei der Flugzeugbesatzung liege. Diese teilte in ihrer letzten Mitteilung mit, dass die Scheinwerfer im Landeanflug an sind. Dann brach der Kontakt ab, und die russischen Fluglotsen ergingen sich in wüsten Beschimpfungen.

Bei dem Absturz der Maschine waren außer Kaczynski alle 95 weiteren Insassen ums Leben gekommen. Russischen Ermittlungen zufolge übten ranghohe Vertreter, darunter auch der angetrunkene Luftwaffenchef, im Cockpit Druck auf die unzureichend ausgebildete Crew aus, damit sie zum Landeflug in Smolensk ansetzte. Die polnische Seite wirft dagegen den Fluglotsen in Smolensk vor, den Piloten falsche Angaben zur Position des Flugzeugs gemacht zu haben.

Kaczynskis Delegation war auf dem Weg ins russische Katyn, um der Opfer des Massakers an rund 22.000 Polen während des Zweiten Weltkriegs zu gedenken. Moskau und Warschau, deren Beziehungen durch die Ereignisse im Zweiten Weltkrieg historisch belastet sind, näherten sich in ihrer gemeinsamen Trauer nach dem Unglück an. Die unterschiedliche Einschätzung der Unglücksursachen sorgte dann aber wieder für Irritationen. (APA)