Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: APA

Wien - Der seit 1. Jänner amtierende Vorstandschef des börsenotierten Flughafen Wien, Christoph Herbst, hat die schlagzeilenträchtige Terminalbaustelle "Skylink" unter seine persönlichen Fittiche genommen. Die Inbetriebnahme ist für Juni 2012 angesetzt. Laut Herbst wird man baulich da und dort noch Gas geben müssen. Abhängig von den Verkehrsmengen wird allenfalls nicht von Beginn an mit voller Kapazität gefahren. Eine Eröffnung in Etappen ist aber keine Option.

Eine Kapitalerhöhung braucht der Flughafen zur Refinanzierung des Neubaus nicht, sagte Herbst am Mittwoch bei seiner ersten Pressekonferenz nach seinem Amtsantritt. Ob dies für den Bau der geplanten 3. Piste in Schwechat erforderlich wird, hängt vom Baubeginn des Pistenprojekts ab und den damit verbundenen Auflagen und Kosten. Generell gelte: Je später, desto eher könne auch dieses Projekt aus eigenem Cash finanziert werden.

Mehr als 830 Mio. Euro werde der Skylink-Bau nicht kosten, versicherten Herbst und der bis vor drei Wochen dafür zuständige Vorstand Ernest Gabmann. Laut Gabmann wird man "mit großer Sicherheit" darunter zu liegen kommen. Der Rechnungshof hat die (ausgelagerten) so genannten "Schnittstellenkosten" dazu addiert und kommt so auf mehr als 1 Mrd. Euro. Laut Gabmann wurde da "irrtümlicherweise" die neue Gepäckförderanlage nur Skylink zugerechnet. "Auch nicht richtig" sei, dass man Investitionen für den ÖBB-Bahnhofsbereich nur Skylink zurechnete. Gabmann sagte heute, er selber habe Herbst gebeten, die Zuständigkeit für Skylink zu übernehmen.

Kostenexplosion

Der Terminalbau ist von jahrelangen Verzögerungen und einer Kostenexplosion überschattet. Derzeit sind hier noch täglich 600 bis 700 Baubeschäftigte am Werk. Für Medien gab es heute erstmals Zutritt in die mächtigen Terminalhallen, die in künftigen Spitzenzeiten den Passagieren der Star Alliance vorbehalten sein werden. 100 Checkin-Schalter und -Automaten, 10 Gepäckbänder und 17 Pier-Positionen sind vorgesehen. Bei Bedarf könnte später einmal auch auf eine A-380-Andockstation adaptiert werden. Das ist aber noch länger nicht nötig. Die Shop- und Gastro-Flächen am Airport werden um 9.600 Quadratmeter fast verdoppelt.

Herbst bestätigte heute, dass die letzten Meter die schwierigsten sind. Die Kosten des Baus seien nicht das Kritische, bei der Zeit werde man aber das eine oder andere Element forcieren müssen. In einigen Bereichen sei man "ein bisserl hinten", werde Gas geben müssen, etwa bei Teilen des Innenausbaus. Das sei bei solchen Großprojekten nichts unübliches. "Wir reden da nicht von Abweichungen von einem halben Jahr." Dass der Terminalbau insgesamt im verbindlichen Zeit- und Kostenplan fertig wird, daran ist u.a. die Auszahlung der Prämien von Herbsts Kollegen Gabmann und Gerhard Schmid für 2010 geknüpft.

"Mein Erfolg wird daran gemessen, dass Skylink in Betrieb geht", betonte Herbst heute. "Ich will Erfolg haben." Er bekräftigte, nur ein Jahr Vorstandschef bleiben und anschließend in den Aufsichtsrat zurückkehren zu wollen. Aus seiner Vorstandsgage macht er weiter ein Geheimnis. Es sei jedenfalls weniger als die bisherige Airportspitze verdiente. Gabman und Schmid ließen heute auf Nachfragen offen, ob sie sich bei der angekündigten internationalen Ausschreibung bewerben werden. Beider Verträge laufen Ende 2011 aus. Mit der Ausschreibung wird sich der Aufsichtsrat in nächster Zeit befassen.

Kosten senken

Der neue Vorstandschef Christoph Herbst kündigt am Mittwoch in der Pressekonferenz außerdem an, die Sachkosten senken zu wollen. Über die Größenordnung machte er selber keine Angaben. Sein Vorstandskollege Gerhard Schmid bestätigte, dass im Sachkostenblock "zehn Prozent immer eine gute Richtgröße" seien. Schmid verantwortet jetzt die Sparten Aviation, Abwicklung/Handling und so wie bisher die Technik. "Wir wollen nicht querbeet Prozentsätze nennen, sondern zunächst einmal die Kosten evaluieren", sagte Herbst nur. Er will u.a. "externe Leistungen stärker insourcen". Das senkt den Beratungsaufwand.

Ernest Gabmann ist, nachdem er die Skylink-Agenden an Herbst abtrat, im Flughafen-Vorstand für Non Aviation (Immobilien, Retail/Gastro) und allgemeine Bauaufgaben eben ohne Skylink zuständig. Derzeit stammen 25 Prozent des Flughafen-Umsatzes (der nach 3 Quartalen 2010 bei rund 400 Mio. Euro lag) aus dem Geschäft außerhalb der Fliegerei. Man strebt hier künftig "mindestens 40 Prozent" an. Beim Ergebnis liege man heute schon weit über der 25-Prozent-Quote. Vor März werden keine Umsatz- oder Ertragszahlen für 2010 genannt. Der frühere Vorstandschef Herbert Kaufmann hat einen Konsulentenvertrag, er übernimmt laut Herbst in den Auslandsoperationen "Organfunktion" (Aufsichtsrat). "Er wird uns bei internationalen Projekten begleiten. Wir haben gerade bei unseren Beteiligungen in Kosice und Friedrichshafen einiges zu tun, um bessere Erträge zu machen." Das International-Geschäft der Flughafen AG wird gerade neu organisiert.

In Kosice ist die Passagierzahl 2010 um ein Viertel auf 266.858 zurück gegangen. In Friedrichshafen gab es ein kleines Plus um 2,1 Prozent auf 590.640 Passagiere. Der Airport Malta meldete ein Passagier-Plus von 12,8 Prozent auf 3,3 Millionen. Zu neuen Beteiligungen an ausländischen Flughäfen hielt sich Herbst heute zurück. Man habe nichts Besonderes im Auge. Pro Jahr werde der Flughafen Wien mit fünf bis sieben neuen Projekten konfrontiert. "Wir prüfen das immer wieder auf Sinn und Synergien. Es gibt ein paar Projekte, die wir prüfen". Die lägen sicherlich in erster Linie in Europa. Gäbe es etwas konkretes im Visier, müsste dies ad hoc bekanntgegeben werden.

Den Davis Cup vom 4. bis 6. März auf dem Flughafen-Gelände (Hangar 3) sieht Herbst als "ganz wichtige Marketing- und Imageveranstaltung", die freilich gehörige Improvisation erfordere. Unter anderem sind wegen tausender Besucher umfangreiche zusätzliche Security-Maßnahmen nötig.

Gute Zahlen 2010

Trotz der vorjährigen Beeinträchtigungen im Flugverkehr - Aschewolke, internationale Flugausfälle durch Eis und Schnee im Dezember - gab es am Flughafen Wien 2010 ein kräftiges Passagierplus. Über Wien-Schwechat wurden 19,69 Millionen Passagiere abgefertigt, das war eine Steigerung um 8,7 Prozent. Wie die börsenotierte Flughafen Wien AG am Mittwochfrüh ad hoc mitteilte, ist das Passagieraufkommen im abgelaufenen Jahr damit mehr als doppelt so stark gewachsen wie im Europa-Durchschnitt.

Für 2011 prognostiziert der Vorstand eine weitere Steigerung der Passagierzahlen um fünf Prozent. 2010 habe man beim Verkehrswachstum wieder knapp an das Niveau vor der Krise anschließen können, berichtete der Airport in seiner Mitteilung. Mit 50,9 Prozent stellt die Austrian Airlines Gruppe wieder mehr als die Hälfte des Passagieraufkommens, gefolgt von Niki mit 10,8 Prozent, Air Berlin mit 7,1 Prozent und Lufthansa mit 4,7 Prozent. Frankfurt blieb die passagier- und verkehrsstärkste Destination, gefolgt von London und Zürich. Im wieder stark anziehenden Ostgeschäft führt Moskau. Der Ost-Verkehr hat im Passagiergeschäft 2010 zweistellig (um 13,8 Prozent) zugelegt, ebenso das Passagieraufkommen in den Nahen und Mittleren Osten (10,5 Prozent). (APA)