Der große Baum auf Linköpings Hauptplatz muss noch mit Weihnachten zu tun haben. Da er im Freien steht, konnte er nicht aus dem Fenster geworfen werden, wie es bekanntlich Brauch ist in Schweden. In der Nähe des Baums liefert ein Wegweiser die Entfernungsangaben zu etlichen Zielen auf der Welt. Es handelt sich um Linköpings dreizehn Partnerstädte, eine hört auf den Namen Linz. Das sah bei der Handball-WM nur auf den ersten Blick wie ein Wink mit dem Zaunpfahl aus. Wer den Wegweiser genauer betrachtete, hat unter den 13 Städten auch eine norwegische (Tonsberg) und eine isländische (Isjafjördur) ausmachen können.

Konrad Wilczynski meinte vor dem dienstäglichen Treffen mit Island: "Wir geben uns noch nicht ganz geschlagen." Vor der WM hatten die Österreicher gehofft, einen ganz ernst zu nehmenden Gegner abzugeben. Die Hoffnung hat sich erfüllt, genau das war das Problem. Ganz abgesehen davon, dass bei der Heim-EM 2010 drei von vier und nicht wie bei der WM drei von sechs Gruppenteams die Hauptrunde erreichten, sind die Gegner ungleich besser auf Österreich vorbereitet. Der Überraschungseffekt ist perdu, die ÖHB-Truppe relativ leicht auszurechnen.

Teamkapitän Viktor Szilagyi drückt es wie folgt aus: "In unseren Analysen müssen wir uns auf viele verschiedene Gegenspieler vorbereiten. Bei uns dürfte das Analysieren einfacher sein." Wenn also etwa Norwegen auf Österreichs Kreisläufer und die Flügel achtgibt, kann es das schon gewesen sein. "Dann sind wir", sagt Szilagyi, "unserer stärksten Waffen beraubt."

Österreichs Handballern fehlt in Schweden einiges. Das gewisse Etwas, so drücken es die Spieler aus. Klasse und Form, so könnte man es auch sagen. Im Gegensatz zur EM-Qualifikation, in der Island kürzlich besiegt wurde, gab Nikola Marinovic keinen überragenden Goalie ab, wenn auch immer noch einen guten. Besseren Marinovic-Fangquoten stand vor allem Österreichs Deckung im Weg, ansonsten stand sie nicht sehr im Weg. "Im Handball gewinnt man über die Abwehr", lautet der Leitspruch von ÖHB-Teamchef Magnus Andersson. Demgemäß konnte sich im Angriff nicht mehr viel entwickeln.

In der Qualifikation für die EM 2012 (Serbien) steht Österreich nach einem Remis in Deutschland und dem Heimsieg über Island gut da. Das vierte Team in Gruppe 5 ist Lettland, die ersten zwei fahren zur Endrunde. Auch eine weitere WM-Teilnahme ist möglich, nicht zuletzt erwägt der ÖHB eine Bewerbung für die WM 2017. Welchen Weg der österreichische Handball nimmt, bleibt so oder so abzuwarten. Linköping ist eher keine Abkürzung gewesen. (DER STANDARD PRINTAUSGABE 19.1. 2010)