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Peter Kurer

Foto: Reuters/Pascal Lauener

Im zentraleuropäischen Rechtsberatungsmarkt ist - anders als weiter im Westen - Platz für eine regionale Strategie, meint der Ex-UBS-Chef Peter Kurer. Diese Chance dürften die Österreicher weiterhin gut nützen.

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Einige österreichische Wirtschaftskanzleien - vor allem Wolf Theiss und Schönherr - sind im vergangenen Jahrzehnt dank einer entschlossenen Oststrategie besonders stark gewachsen. Im internationalen Vergleich sind die Wiener Platzhirsche mit ihren rund 300 Juristen an allen Standorten allerdings immer noch recht klein.

Können Kanzleien mit einer solchen mittleren Größe längerfristig Erfolg haben, oder müssen sie sich irgendwann zwischen groß und klein entscheiden? Der ehemalige Schweizer Top-Banker Peter Kurer, der seit kurzem Schönherr strategisch berät, sieht die Österreicher in ihrer jetzigen Form gut aufgestellt. Im Standard-Gespräch beschreibt er sie als "Wirtschaftskanzleien eines speziellen Typs", die als regionale Spieler zwischen den großen globalen Lawfirms und kleineren nationalen Champions aufgestellt sind.

"Für die Schweiz macht eine solche Regionalstrategie keinen Sinn, da sie von großen Ländern umschlossen ist", sagt Kurer. "Aber anderswo ist Platz für regionale Anbieter - etwa in Südostasien, Lateinamerika und auch in Mittel- und Osteuropa. Das haben österreichische Kanzleien wie Schönherr gut genutzt."

Die CEE-Region sei ein "Emerging Market" mitten in Europa und hätte daher spezielle Bedingungen und somit auch andere rechtliche Anforderungen als westeuropäische Staaten, ist Kurer überzeugt. Für die globalen Lawfirms sei dieser Markt nicht interessant genug, und auch die deutschen Firmen hätten nicht den Fokus auf dieser Region, was den Österreichern viel Raum gebe. Für eine solche Strategie habe Schönherr die richtige Größe - "eine globale Firma zu werden hätte für sie keinen Sinn", sagt Kurer.

Er sei überzeugt, dass Österreichs Position in CEE auch nach der Wirtschaftskrise erhalten bleiben könne, nicht nur in der Rechtsberatung, sondern auch im Finanzsektor, sagt der Jurist, der jahrelang in der Konzernleitung der Großbank UBS saß und von 2008 bis 2009 Präsident ihres Verwaltungsrates war. "Im Großen und Ganzen ist das eine Region, wo die Österreicher weiter erfolgreich sein werden. Das sind fein gewobene Dienstleistungen".

Auch Christoph Lindinger, Managing Partner von Schönherr, teilt diesen Optimismus in Bezug auf seine Kanzlei. Er fürchte nicht, von lokaler Konkurrenz in den CEE-Ländern, wo Schönherr präsent ist, verdrängt zu werden - und verweist dabei auf das Beispiel der britischen Kanzleien in Paris: "Frankreich hat internationale Anforderungen lang ignoriert, daher haben sich die Angelsachsen etabliert und zu echten französischen Büros ausgebaut. Bis die Franzosen das mitbekommen haben, war es schon zu spät. Cliffords kriegt man von Paris nicht mehr weg."

Lindinger hofft, "dass auch wir nach einer Generation in all diesen Ländern so ein Standing haben, dass wir dort nicht mehr wegzukriegen sind". So werde die Integration der CEE-Volkswirtschaften weiter fortschreiten. "Für das lokale Geschäft ist eine Cross-Border-Kapazität wichtig, und da sind wir gegenüber nationalen Champions im Vorteil."

Kurer sieht seine Rolle bei Schönherr als externe Stimme, die modernes Managementwissen im Beratungsgeschäft einbringen und der Kanzlei helfen kann, die "Bruchstelle zwischen dem traditionellen und dem modernen Verständnis" einer Sozietät zu kitten. (Eric Frey, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.1.2011)