Das Bremer Raumfahrtunternehmen OHB-System AG hat sich mit sofortiger Wirkung von seinem Vorstandsvorsitzenden Berry Smutny getrennt. Als Grund nannte das Unternehmen am Montag die Veröffentlichung des Protokolls eines Gespräches zwischen Smutny und Diplomaten der US-Botschaft in Berlin durch die norwegische Tageszeitung "Aftenposten". Bis auf weiteres werde der Vorstandsvorsitzende der Muttergesellschaft OHB Technology AG, Marco R. Fuchs, den Vorsitz des Vorstands der OHB-System AG in Personalunion übernehmen.

Smutny soll laut Radio Bremen in vertraulichen Gesprächen mit US-Diplomaten das Satellitensystem "Galileo", das OHB gemeinsam mit der französischen Industrie baut, als "dumm" und als "Verschwendung von Steuergeldern", das nur den Franzosen nütze, kritisiert haben. Diese angeblichen Aussagen von Smutneys tauchten in Gesprächsprotokollen amerikanischer Diplomaten auf, die der Internetplattform Wikileaks zugespielt worden waren.

Politik

Smutny soll bei einem informellen Mittagessen gesagt haben, die Europäische Union habe die Komplexität des Galileo-Systems unterschätzt. Die Kosten würden sich von den zunächst geplanten 3,4 Milliarden auf 10 Milliarden Euro erhöhen. Gallileo diene vor allem französischen Interessen bei Raketenlenksystemen. Nach dem Willen der EU ist das politische Ziel von Galileo, Europa vom GPS-Navigationssystem der USA unabhängig machen. Laut Smutny deckt GPS jedoch alle europäischen Bedürfnisse ab.

Die OHB-Gruppe distanziere sich nachhaltig von allen Smutny zugeordneten Aussagen in den WikiLeaks-Papieren und bekenne sich nachhaltig zu "Galileo" als dem ersten großen Raumfahrt-Infrastrukturprojekt der Europäischen Union, erklärte Fuchs weiter. Der im Jänner 2010 an die OHB-System AG vergebene Auftrag zum Bau von 14 Galileo-FOC-Satelliten sei "auf Kurs und wird im Zeit- und Kostenrahmen realisiert". (APA)

 

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