So nahe an der Donau residiert man in Bratislava. Blick auf den Fluss von der Terrasse des Kempinski River Park.

Foto: Kempinski River Park Bratislava

Vielleicht war die Nummer mit dem Rolls dann doch leicht überzogen. Schließlich kommen "echte" Touristen nicht bloß zum Shoppen nach Bratislava.

Doch dass Herr und Frau Durchschnittswiener (inklusive Umland) die slowakische Hauptstadt vor allem schätzen, weil hier die Shoppingcenter auch am Sonntag geöffnet haben, ist ja bekannt. Und wenn ein vor knapp mehr als einem Jahr ans Pressburger Donaugestade geknalltes Luxushotel Gäste einlädt, den hoteleigenen Rolls für Stadtfahrten zu nutzen, ist die Mall-Fahrt mit Emily am Kühler doch nicht ganz abwegig. Oder etwa doch?

Plattenbauten, vergessene Cafés und schrullige Pendler

Aber natürlich kann Bratislava längst mehr als Einkaufstouristen glücklich zu machen. Doch dass just Ostösterreicher erst wieder lernen müssen, was es 45 Auto-, 75 Bootsminuten oder eineinhalb Bahnstunden östlich von Wien zu sehen gibt, ist eigentlich ein Armutszeugnis.

Schließlich gibt es hier nicht nur die von Martin Leidenfrost in seiner Welt hinter Wien (Picus Verlag) so anschaulich besungenen Stadt aus Plattenbauten, vergessenen Cafés und schrulligen Pendlern (wieder) zu entdecken. Bratislava ist auch mehr als die "dritte Piste des Flughafens Schwechat" (wobei manche Slowaken das mittlerweile umgekehrt sehen): Neben einer malerisch-historischen Altstadt und ziemlich viel Geschichte gibt es in der slowakischen Hauptstadt auch Gegenwart - und in der blickt man nach vorn. Und tut dabei insbesondere an der Donau einiges, was Wien verschläft.

Übersehene Features

Die kleine Großstadt am europäischen Strom entwickelt im Augenblick ein paar Features, die am oberen Ende der Twin-Cityliner-Strecke (dem Schnellboot vom Wiener Schwedenplatz donauabwärts) übersehen werden. Oder - vielleicht ja auch aus Tradition - ignoriert werden.

Schließlich liegt Wien immer noch bloß in der Nähe (bestenfalls neben) der Donau: Die Office-Türme an der Reichsbrücke mögen Weltläufigkeit suggerieren - an die Copa Kagrana geht aber wohl niemand, der Gästen urbanes, europäisches Savoir-vivre zeigen will.

Spitzenhotellerie mit Flussambiente? Full-Service-Apartments mit Blick auf die Donau? Lassen wir das. So wie die Frage, wohin der Wiener wohl ginge, wenn er direkt am Strom an Drinks nippen oder essen wollte: Die Frage ist angesichts des Angebotes so abwegig, dass kein Wiener sie (sich) stellt.

Urbanes Flussflanieren

Bratislava aber ist anders. Neben den alten Restaurant- und Hotelschiffen mit Jugendherbergscharme ist entlang des Ufers nämlich eine Flanier- und Lokalmeile entstanden, die den Vergleich mit dem Riverside-Highlife in Europas Städten nicht zu scheuen braucht.

Mehr noch: Mit dem "River Park" entsteht wenige hundert Meter stromaufwärts vom Stadtzentrum ein luxuriöser Immobilien-Komplex mit spektakulärem Donaublick, vollem Hotelservice und Heli-Port-Zugang. Und trotz Quadratmeterpreisen wie in Wiener Dach-Citylagen sind alle Lofts lange vor Fertigstellung verkauft.

Doch auch Besucher, die weniger feste Wurzeln schlagen wollen, verschlägt es immer öfter hierher: Das vor einem Jahr eröffnete Hotel Kempinski etwa wirbt neben dem üblichen Fünfsternestandard unverhohlen mit dem Asset "Wien": CEE-Geschäftsreisenden ist es egal, ob die Airport-Limousine sie von Schwechat nach Bratislava oder in die Wiener City shuttlet.

Kombination von "Luxus" und "an der Donau"

"Wir bieten jenes Niveau, das in Wien nur ein paar Spitzenhäuser haben, bei Preisen, die ein Drittel günstiger sind", fasst Walter Stecher, der (Wiener) Marketingchef des Hauses zusammen. Und beteuert, ein Herz für jene Wiener zu haben, die die Kombination von "Luxus" und "an der Donau" ausprobieren wollen: Der Sonntags-Brunch im Kempinski mausert sich zu einem Hit. Insbesondere bei Tagesgästen aus Wien. Auch weil die Benutzung des mondänen Spas und des beeindruckenden Fitnesscenters (beides natürlich mit Flussblick) in den 39 Euro inkludiert seien.

Ob die Gäste danach Sonntagsshoppen gehen oder doch Bratislavas Altstadt erkunden, weiß Stecher allerdings nicht so genau: Der Hotel-Rolls-Royce ist in der Brunch-Pauschale normalerweise nicht inkludiert - und die "echten" Hotelgäste lassen sich doch meist in die City von Bratislava fahren. Manchmal aber auch nach Wien. (Thomas Rottenberg/DER STANDARD/Album/15.01.2011)