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Fouad Mebazaa bei seiner Angelobung am Samstag

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Der geschäftsführende Präsident Tunesiens nach Zine El Abidine Ben Ali hielt sich keine 24 Stunden, und auch der zweite, der am Samstag ernannte Interimspräsident, hat ein Ablaufdatum: Wenn alles geordnete Wege geht - und das war eine offene Frage am zweiten Tag nach dem Sturz Ben Alis -, dann führt Parlamentspräsident Fuad Mebazaa das Land in spätestens 60 Tagen in Wahlen.

Dass der Parlamentspräsident im Falle der Unfähigkeit zur Amtsausübung des Präsidenten das Ruder übernimmt, sieht auch die tunesische Verfassung vor - die Premier Mohamed Ghannouchi, als er sich Freitagabend als Ben-Ali-Nachfolger präsentierte, nicht so genau kannte oder nicht so genau kennen wollte.

Das kann schon einmal passieren. Als US-Präsident Ronald Reagan 1981 bei einem Attentat verletzt wurde, präsentierte sich sein Außenminister Alexander Haig der Öffentlichkeit als "in charge" , mit der Verantwortung betraut - und musste sich korrigieren lassen, dass die Verfassung etwas anderes vorsah.

Oder aber Premier Ghannouchi ging tatsächlich nur von einer "temporären Abwesenheit" Ben Alis aus - vielleicht von diesem instruiert. Dieser Zug war, gleich Ben Alis Flieger, aber längst abgefahren. Der Verfassungsrat handelte dementsprechend und berief Mebazaa. Der 77-jährige Jurist hat jedoch nicht nur wegen seines fortgeschrittenen Alters keine politische Zukunft. Fuad Mebazaa hat keinen guten Ruf, gilt als autoritär, korrupt und der Präsidentenfamilie nahestehend.

Eine klassische tunesische Karriere: Bereits unter Habib Bourguiba diente Mebazaa in mehreren Ministerämtern und als Botschafter. Unter Ben Ali ging seine Karriere ab 1987 ungebrochen weiter, selbstverständlich nach einem Parteiwechsel in die neue Regimepartei RCD, in der er wichtige Funktionen bekleidete. Im Parlament saß er aber bereits seit 1964. Unmöglich, alle seine Ämter und Orden aufzuzählen. Zum Parlamentspräsidenten wurde er jedenfalls 1997 bestimmt. Bürgermeister von Karthago und von La Marsa war er auch einmal.

Mebazaa beauftragte nun den ebenso unbeliebten Ghannouchi mit der Bildung einer Übergangsregierung auf breiter Basis - doch diese ist gar nicht so leicht zu finden. Die Opposition ist disparat und unorganisiert, ihre potenziellen Führer sind im Gefängnis, im Exil oder unbekannt. Und das Gewirr der Fäden, die der Clan und die Klienten Ben Alis ziehen, ist völlig undurchsichtig. (Gudrun Harrer /DER STANDARD, Printausgabe, 17.1.2011)