Wien - Der stellvertretende Leiter der Verwahrstelle im Wiener Straflandesgericht soll im großen Stil von der Justiz beschlagnahmte Drogen abgezweigt und weiterverkauft haben. Bis zu vier Kilogramm Kokain dürften auf diesem Weg aus der Depositenkammer des Grauen Hauses verschwunden sein. Gerichtspräsident Friedrich Forsthuber bestätigte Samstagmittag einen entsprechenden Bericht der "Kronenzeitung".

Der ranghohe Beamte wurde laut Forsthuber bereits am 22. Dezember unter dem Verdacht des gewerbsmäßigen Suchtgifthandels und Amtsmissbrauchs verhaftet und umgehend fristlos entlassen. Wie es dem Mann gelingen konnte, aus der Verwahrstelle, in der von der Justiz beschlagnahmte Wertgegenstände aufbewahrt werden, heimlich Kokain an sich zu bringen, ist noch Gegenstand der Ermittlungen, die von der Korruptionsstaatsanwaltschaft (KStA) geleitet werden. "Er dürfte das Vier-Augen-Prinzip massiv verletzt haben", sagte Forsthuber.

Hinweis aus der Szene

Auf die Spur des Mannes war man nach einem Hinweis aus der Suchtgift-Szene gekommen. Der Verdächtige wurde daraufhin vom Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) observiert. "Der Zugriff ist dann nahezu auf frischer Tat erfolgt", meinte KStA-Sprecher Friedrich König. Dabei konnte bei dem Verdächtigen auch eine größere Menge Suchtgift sichergestellt werden.

Das der Justiz gestohlene "Koks" soll der Beamte großteils über einen Bekannten seiner Schwester verkauft haben, den diese ihrem Bruder "vermittelt" haben dürfte. Alle drei Verdächtigen befinden sich in U-Haft. Wie der KStA-Sprecher König einräumte, könnten bis zu vier Kilogramm Kokain der Justiz abhandengekommen sein: "Die genaue Menge ist aber noch nicht gesichert. Diesbezüglich sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen." Unklar ist auch noch, wie lang das Treiben des Mannes angedauert hat.

Vor Verbrennung durch Mehl ersetzt

Die verschwundenen Drogen waren zuvor beschlagnahmt worden und müssen von der Justiz bis zur rechtskräftigen Erledigung der jeweiligen Strafverfahren aufbewahrt werden. Danach sind sie gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu vernichten. "Der Beamte soll sie unmittelbar vor dem Verbrennen abgezweigt haben", sagte König. Teilweise soll er es laut "Krone" durch Mehl ersetzt haben, was die Behörden allerdings vorerst nicht bestätigen.

Im Straflandesgericht hat man auf den Drogenhandel im eigenen Haus mit einer Neustrukturierung der Verwahrstelle reagiert, "um zukünftig einen derartigen Missbrauch praktisch ausschließen zu können", wie Forsthuber betonte. So wird es für "sensible Massen" nunmehr einen eigenen Bereich mit besonders strengen Sicherheitsvorkehrungen geben, stellte der Gerichtspräsident fest. (APA)