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Er will doch nur spielen. Aber Tottenham-Superstar Gareth Bale bekommt vom walisischen Fußballverband vermutlich keine Erlaubnis, an Olympia 2012 teilzunehmen.

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Als Großbritannien zuletzt ein Fußballteam bei Olympia hatte, war der 48-jährige Stuart Pearce noch nicht am Leben. Im kommenden Jahr soll der aktuelle U21-Coach Englands die voraussichtlich rein englische Auswahl zum Titel auf heimischen Boden führen.

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Schottische Fans stürmen 1977 das Spielfeld in Wembley. Ihre Mannschaft besiegte bei den "Home Internationals" England mit 2:1. Das Feld soll Legenden zufolge komplett herausgerissen und nach Schottland mitgenommen worden sein.

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Der im Tottenham-Trikot in diesem Jahr zum Superstar gereifte Gareth Bale bekundete jüngst sein Interesse, 2012 in London am olympischen Fußballturnier teilzunehmen. Der 21-jährige Waliser erfüllt formal alle Voraussetzungen dafür. Er ist Staatsbürger einer Teilnehmernation, hat weniger als 23 Lenze am Buckel und allgemein würde kein Team der Welt im Moment auf ihn verzichten. Doch der walisische Verband legt sich quer.

Die Verbände von England, Nordirland, Schottland und Wales sind in der FIFA aus Tradition als einzelne Verbände anerkannt, weil sie über zwei Jahrzehnte älter als der Weltfußballverband selbst sind. Anders als in der "echten" Fußballwelt muss Großbritannien aber bei olympischen Turnieren aber als Union antreten. Da die kleineren Landesteile fürchten, im Falle einer gemeinsamen Teilnahme an Olympischen Spielen den FIFA-Sonderstatus zu riskieren, obwohl Präsident Josef Blatter bereits mehrmals beruhigt hat, verweigern sie bisher auch nach jahrelangen Vermittlungsversuchen ihren Spielern die Teilnahme.

Das Giggs-Schicksal

Und so könnten Bales beste Chance je im Olympiastadion von London zu spielen die Pläne seines aktuellen Klubs sein, das Stadion nach 2012 zu übernehmen (und niederzureissen um es als Fußballstadion neu zu errichten) - falls er nicht schon im Sommer zu einem noch besseren Klub wechselt. Für Bale (oder auch Arsenals Aaron Ramsey) ist diese Situation bitter, wäre Olympia doch seine Möglichkeit, wenigstens ein größeres Turnier in seinem Leben spielen zu können. Dem im Moment vielleicht gefährlichsten Flügelspieler der Welt droht als Waliser dasselbe turnierlose Schicksal wie seinem großen Landsmann Ryan Giggs. Wales hat sich seit 1958 für kein großes Turnier mehr qualifiziert. Auch in der aktuellen EM-Quali liegt man hinter Montenegro, England, der Schweiz und Bulgarien am punkte- und aussichtslosen letzten Platz. Dabeisein wäre auch für so manchen Superstar wohl schon alles.

Dieses Olympia-Problem der Teilung auf der Insel wird - je nach Sichtweise - nicht oft oder permanent schlagend. Seit 1960 qualifizierte sich kein „Team Großbritannien" mehr bei der größten Sportveranstaltung der Welt. 1964, 68 und 72 scheiterte noch eine Amateurauswahl an der Qualifikation, später versuchte man es gar nicht mehr. Vor eigenem Publikum gibt man sich als das Fußballland schlechthin diese Blöße aber nicht.

Die WM in Russland macht Olympia in London wichtiger

Olympische Fußballturniere waren die Vorläufer von Weltmeisterschaften, werden zumindest in Europa heute aber nicht mehr als so wichtig erachtet. Nach der schwer verkrafteten und umstrittenen Niederlage bei der Bewerbung um die WM 2018, ist das London 2012-Turnier in England aber stärker in den Fokus der Berichterstattung gerückt, und wird sehr ernst genommen. Aller Voraussicht nach bleibt es das einzige Großturnier der nun herangereiften Spielergeneration auf heimischem Boden (eine EM hatte England erst 1996 und die WM 2026 ist weit weg). Und so soll Argentinien als Titelverteidiger abgelöst werden (das muss sich bei der am Sonntag startenden U20-Südamerikameisterschaft übrigens erst qualifizieren).

Der englische Verband legte erst vor wenigen Tagen nahe, Stuart Pierce als Vollzeit-Coach für das Turnierteam anzustellen. Der 78-fache Teamspieler trainiert zuvor noch die englische U21 bei der der in diesem Sommer stattfindenden U21-Europameisterschaft (für die sich - zur Erinnerung - Österreich mit einem Andreas Herzog-Team rund um David Alaba und Marko Arnautovic unnötigerweise nicht qualifiziert hat). Nach diesem Turnier löst England seine älteste Nachwuchsmannschaft für ein Jahr auf, um an den freigewordenen Terminen eine für Olympia vorbereiten zu können.

Rückkehr der Home Nations-Meisterschaft?

Kommen wir noch einmal auf die besondere Konstellation der vier Verbände in einer Nation zurück, weil das auch in einer zweiten Geschichte zum aktuellen Thema wurde. Während sich die Verbände nicht darauf einigen können, sich für einen Sommer zu einen, lebt auf der Insel die Idee hoch, sportlich das 19. Jahrhundert wiederzubeleben und die Gegnerschaft hervorzuheben.

In der Entstehungszeit des Fußballs, als der Sport anderswo auf der Welt bestenfalls eine Art Bloßfüßigengaude war, entstand ein Bewerb von paradox benannten „Home Internationals" - ein von 1883 bis 1984 ausgetragenes Turnier zwischen den vier britischen Verbänden. Seriensieger England und Hauptkonkurrent Schottland verloren dann das Interesse daran, weil unter anderem der sportliche Wert gering, die Zuschauerzahlen im Sinken und die Terminkalender der Spieler im steten Wachstum begriffen waren. So wurde das Turnier mit einem kuriosen Ergebnis 1984 (bei vier punktegleichen Mannschaften siegte nach Tordifferenz Nordirland) zu Grabe getragen.

Vorbei schienen die Zeiten, als Schottland 1967 in Wembley zum Weltmeisterschaftssiegerbesieger avancierte oder schottische Fans zehn Jahre später eben dort nach einem Sieg das Feld erst stürmten, dann herausrissen und schlussendlich mit nach hause nahmen. Doch ab diesem Jahr (also 2011) planen Irland, Nordirland, Schottland und Wales einen ähnlichen, alle zwei Jahre stattfindenden "Nations Cup". Nur England hat an einem Turnier kein Interesse, schon gar nicht auf regelmäßiger Basis. Was kann man als großer Favorit in einem solch wertarmen Turnier schon gewinnen, das die folgenschweren Verletzungen potentieller Blamagen und unbedachter Tacklings aufwiegen könnte?

Einmalige Sache

Die vier Teams sind heute sportlich nach wie vor alles andere als gleichwertig und die Terminpläne der Spieler eher noch voller. Das damalige Hooligan-Problem scheint heute gelöst, doch ob das Interesse des von Krise und hohen Eintrittspreisen geschröpften Bezahl-Publikums noch einen weiteren, Bewerb erfassen könnte (noch dazu einen mit Freundschaftsspiel-Charakter), darf man angesichts der medialen Jammerei über „niedrige" Drittrunden-Besuchszahlen im FA-Cup zumindest anzweifeln.

Doch 2013 - so die Gerüchteküche - könnte das historische Turnier zumindest einmal wiederbelebt werden. In dem Jahr feiert die englische Football Association ihren 150. und die schottische ihren 140. Geburtstag. England überlegt daher zumindest alle „Home Nations" zu einem Freundschaftsspiel nach Wembley zu laden. Vage Gespräche, dies zu einem Turnier zu erweitern, fanden zwischen den Verbänden statt. Ein Autohersteller, der gerade Sponsordeals mit allen vier Verbänden schließt, nährt zusätzlich die Hoffnung von Nostalgikern, die verdrängt haben, dass der Bewerb einst aus guten Gründen abgeschafft wurde. (tsc, derStandard.at, 13.1.2010)