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OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer wehrt sich gegen seine 20. 000-Euro-Strafe wegen Irreführung der Anleger rund um den Verkauf der MOL-Aktien der OMV.

Foto: Reuters/Heinz-Peter Bader

Aus einer Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren gegen OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer ergibt sich der Zeitablauf im MOL-Deal. Die Aufsicht ermittelt gegen die OMV wegen Meldepflicht-Verletzung.

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Wien - Öffentlich, aber fast ohne mediale Öffentlichkeit, hat am Mittwoch die Causa Wolfgang Ruttenstorfer eine Fortsetzung gefunden. Der OMV-Chef muss sich ab 27. Jänner vor dem Strafgericht wegen des Verdachts des Insiderhandels verantworten, die Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA hat ihn rund um den Verkauf des OMV-Aktienpakets an der ungarischen MOL und seinen Erwerb von OMV-Aktien im März 2009 angezeigt. Der Manager bestreitet die Vorwürfe.

Parallel dazu läuft ein Verwaltungsstrafverfahren, dessen Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) Wien gestern stattfand. Ruttenstorfer, von Anwalt Peter Lewisch vertreten, war nicht dabei, gehört wurden Zeugen aus der OMV sowie OMV-Aufsichtsratschef Peter Michaelis. Ex-OMV-Präsident Rainer Wieltsch hatte sich entschuldigt. Ein Urteil fällte der UVS noch nicht, er verhandelt in zwei Wochen weiter.

Interview-Folgen

Die Vorgeschichte: Die FMA hat den Manager wegen Marktmanipulation (§ 48c Börsegesetz) eine Verwaltungsstrafe von 20.000 Euro aufgebrummt, Ruttenstorfer berief. Der Vorwurf, um den es auch vor dem UVS-Dreiersenat (Kammer C, Berichterstatter: Gero Schmied) geht: Durch seine Aussage zur MOL-Beteiligung im Profil von 22. März 2009 habe er (wider besseres Wissen, weil er bereits am 14. März am Rande der Opec-Tagung in Wien Gespräche über die MOL geführt habe) Informationen verbreitet, die die Anleger in die Irre geführt hätten. Auf die Frage, wie lange er die MOL-Aktien noch halten werde, antwortete er beim Gespräch am 18. März: "Wir haben derzeit nicht vor, sie zu verkaufen. Das gilt nicht für die Ewigkeit, aber heuer werden wir sie durchaus behalten." Am 30. März war das 21-Prozent-Paket an die russische Surgutneftegaz um 1,4 Mrd. Euro verkauft. Am 23.3. erstand er selbst OMV-Aktien um 632.000 Euro.

Im Mittelpunkt der UVS-Verhandlung standen denn die März-Wochen 2009; wer wann vom Deal mit den Russen wusste. Ruttenstorfer argumentiert, dass er unabhängig von ersten Gesprächen einen Verkauf des MOL-Pakets zum Buchwert (1,4 Mrd. Euro und somit weit über Marktwert) für absurd hielt. Öffentlich bekannt wurde der Verkauf am 30. März per Ad-hoc-Meldung. Die FMA führt nun übrigens ein Verfahren wegen Verdachts der Verletzung der Ad-hoc-Meldepflicht, wie bei der Verhandlung bekannt wurde.

Der Zeitablauf, der sich aus dem Verfahren ergibt: Am 14. März traf Ruttenstorfer bei der Opec-Tagung in Wien Surgutneftegaz-Manager und Investmentbanker Jeremy W. (JPMorgan); man erörterte verschiedene Einstiegsvarianten. Verteidiger Lewisch: "Das war ein eineinhalb stündiges Gespräch, es ging um Gott und die Welt; nur in den letzten zwei Minuten war MOL Thema. Bis zum 30. März verlief der Verkauf ohne kontinuierlichen Verhandlungsprozess." Vor der ungarischen Aufsicht beschrieb Ruttenstorfer das Gespräch so: "Die OMV signalisierte Surgutneftegaz und JPMorgan am 14. März , dass wir bereit sind, unseren MOL-Anteil unter bestimmten Bedingungen zu verkaufen". In der OMV wurde jedenfalls ab 16. März am Deal gearbeitet.

Damals berichtete Ruttenstorfer dem zuständigen Abteilungsleiter vom Interesse der Russen, in den Tagen darauf habe er mit JPMorgan Varianten diskutiert, sagte der OMV-Mann aus. Die Aussage seines Chefs im Profil habe ihn trotzdem nicht gewundert, weil: "Der Deal kam mir höchst unwahrscheinlich vor." Am 22. März schrieb Investmentbanker W. dem OMV-Chef per Mail, dass die Russen "rasch vorankommen wollen und den Deal möglicherweise schon nächsten Montag bekannt geben, sie befürchten undichte Stellen und Kurssprünge".

Am 23. März wurden Vertragsentwürfe erstellt, am 26. traf Ruttenstorfer die Russen in Moskau. "Danach teilte er uns mit, dass die Gespräche gescheitert sind", sagte OMV-Präsident Michaelis aus, zwei Tage später war aber alles paletti. "Surgutneftegaz war auf die 1,4 Mrd. Euro eingegangen, berichtete uns Ruttenstorfer", so Michaelis. Er selbst habe den Deal bis dahin für "illusorisch" gehalten.

Sprach's, verzichtete auf Fahrtspesenersatz und verabschiedete sich von allen mit Handschlag. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.1.2011)