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Sparen ist angesagt.

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Brüssel - Die Euro-Krise brachte die EU unter Zugzwang. Sie wird in Zukunft ihren Mitgliedsstaaten bei der Haushalts- und Wirtschaftspolitik genauer auf die Finger schauen. Den ersten Schritt der beschlossenen Reformen macht die EU-Kommission am heutigen Mittwoch und legt den ersten "Jahreswachstumsbericht" vor. Darin treibt die EU- Kommission die Staaten trotz der Krise zu Reformen an. Brüssel will die Reformfähigkeit der EU und die wirtschaftspolitische Koordinierung in der Euro-Zone in diesem Jahr verbessern.

Der Bericht gibt den Startschuss für das sogenannten "Europäische Semester", das heißt für die Abstimmung der Wirtschafts- und Haushaltspolitik zwischen den EU-Mitgliedsstaaten. Diese sollen die Empfehlungen und Erkenntnisse des Berichts bei ihrer Planung berücksichtigen.

Dabei geht es um eine haushaltspolitische Vorabkontrolle: Nach einem Beschluss der EU-Finanzminister legen die Staaten im April eine erste, grobe Finanzplanung für 2012 und Reformpläne in Brüssel vor. Im Juni berät der Ministerrat darüber. Erst nach der Prüfung durch die EU sollen die Staaten dann mit der detaillierten Haushaltsplanung beginnen. Im zweiten Halbjahr wird das europäische Semester umgesetzt. Ziel ist, dass die Politik der Länder zueinander passt.

Defizitabbau gefordert

In ihrem Bericht verlangt die EU-Kommission einen deutlichen Abbau der Haushaltsdefizite sowie Strukturreformen am Arbeitsmarkt, bei den Rentensystemen und bei Dienstleistungen. Die Experten fordern die Tarifpartner zudem zur Lohnzurückhaltung auf, wie aus Kreisen der EU- Behörde verlautete. Auch die Ungleichgewichte in der Euro-Zone werden benannt. So kämpfen Länder wie Griechenland oder Portugal mit hohen Leistungsbilanzdefiziten, während Deutschland Überschüsse hat, was die Spaltung der Euro-Zone verschärft. In dem Bericht wird die Kommission aber keine Empfehlungen für einzelne Staaten abgeben.

Schneller und mehr sparen

Laut einem Bericht der "Süddeutsche Zeitung", fordert EU-Währungskommissar Olli Rehn in dem Wachstumsbericht, dass die EU-Staaten ihre geplanten Reformen vorziehen und doppelt so viel sparen müssten. Dies sei notwendig, um die riesigen Schuldenberge abzubauen und wieder solide wirtschaften zu können. Im einem Gastbeitrag für die "Financial Times" hat sich Rehn zudem für eine Vergrößerung des Euro-Rettungsschirms ausgesprochen.

Die Regierungen müssten jedenfalls in den nächsten 20 Jahren ihre Schulden jährlich um einen Beitrag reduzieren, der "mindestens einem Prozent des Bruttosozialprodukts" entspricht, forderte Rehn in dem der "Süddeutschen Zeitung" vorliegenden Bericht. Nur so könnten sie wieder in die Nähe der EU-Schuldengrenze gelangen. Danach dürfen die Schulden höchstens 60 Prozent der Wirtschaftskraft betragen. Derzeit liegt der Wert im Schnitt bei mehr als 80 Prozent bei steigender Tendenz.

Gemäß dem geltenden europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt müssen Länder ihre Schulden jährlich um 0,5 Prozent ihres Bruttosozialprodukts reduzieren. "Das reicht in vielen Ländern nicht aus, um die Spirale zu stoppen", warnt Rehn in dem Bericht, den er am Mittwoch in Brüssel vorstellen will. Wenn die Länder nicht in diesem Jahr mit dem Schuldenabbau beginnen, riskierten sie, in das Visier der Finanzmärkte zu geraten, warnt Rehn. Besonders gefährdet sind nach Ansicht der Kommission neben Griechenland und Irland Spanien und Portugal.

Mit der Reform zieht die EU die Konsequenz aus dem griechischen Schuldendebakel und der Euro-Schuldenkrise. Die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes sieht für Schuldensünder in der EU harte und schnelle Strafen vor. Die EU kann ihnen zum Beispiel Gelder aus europäischen Töpfen streichen.

Insidern zufolge wird sich der Chef des Internationalen Währungsfonds IWF, Dominique Strauss-Kahn, noch an diesem Mittwoch in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) treffen. Die EU-Kommission setzt sich bereits offen für eine Aufstockung des EU-Rettungsfonds ein. An den Märkten wird erwartet, dass nach Irland als nächstes Land möglicherweise Portugal Hilfen in Anspruch nehmen muss.(APA/red)