Was in der heimischen Forschung nicht fehlt, sind Konzepte. In den letzten Jahren wurden einige Meter Papier damit bedruckt. Allein an der Umsetzung haperte es, sagt Reinhart Kögerler. Deswegen erhofft sich der Präsident der Christian-Doppler-Gesellschaft in einer Standard-Umfrage über Wünsche für 2011 (erster Teil der Umfrage am 5. 1. in "Forschung Spezial") "weniger Strategien". Stattdessen sollten die guten Ideen endlich realisiert werden. Dazu braucht es aber einen "offensiven Ansatz, dauerhaft in Bildung und Forschung zu investieren".

Inwieweit sich Kögerlers Wünsche realisieren lassen, steht in den Sternen. Ein Papier wird es in Österreichs unmittelbarer Zukunft sicher noch geben. Die lange erwartete Forschungsstrategie der Bundesregierung soll spätestens Anfang Februar im Ministerrat beschlossen werden. Beide zuletzt umstrittenen Punkte wurden geklärt: Die Forschungsprämie für in Österreich angesiedelte Unternehmen wurde auf Drängen der Großindustrie von acht auf zehn Prozent erhöht, und der Forschungsrat wurde neu besetzt. Zuletzt wurde die Fassung vom Sommer 2010 noch einmal überarbeitet, wie es heißt. Nicht hinausredigiert wurde die Erhöhung der Forschungsquote von derzeit 2,76 auf 3,76 Prozent als Ziel für 2020. Dieser für Beobachter angesichts der derzeitigen Budgetkonsolidierung unrealistische Punkt wurde bereits bei der EU gemeldet. Dazu kommt als Schnittstelle eine Task- Force, in der hochrangige Ministeriumsvertreter aller Forschungsressorts vertreten sind.

Kritiker wie der Ökonom Andreas Schibany hinterfragen den Sinn der Strategie zum jetzigen Zeitpunkt - nach dem Budgetbeschluss im Dezember. "Man beschließt zuerst eine Strategie und richtet sich dann mit dem Budget danach, nicht umgekehrt." Das sieht Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner anders. Er erwartet sich neue Impulse von der Strategie und begrüßt die Erhöhung der Prämie. "So werden wir noch attraktiver für ausländische Forschungs-Headquarters."

Dem widerspricht Schibany. "Die Rückverlagerung der F&E-Abteilung von Roche in die Schweiz zeigt, dass unternehmensinterne Strategieentscheidungen nicht ausschließlich von Förderprämien abhängig sind." Der heimische Mittelstand sollte daher stärker ins Zentrum des Förderinteresses rücken. Doris Bures plant ein Programm speziell für diese Unternehmen, das Innovationen im Bereich Produktion unterstützt. Sie hat auch mehr Mittel als im vergangenen Jahr zur Verfügung. Nach 400 Mio. Euro finden sich nun 420 Mio. in ihrem Forschungsbudget. Diese 20 Mio. sollen das zuletzt schrumpfende Budget der Forschungsförderungsgesellschaft FFG wieder auf das Niveau von 2008 anheben. Damit könnte ein Wunsch der FFG-Geschäftsführer Henrietta Egerth und Klaus Pseiner für 2011 in Erfüllung gehen: "Wir wünschen uns volle Bücher für die Unternehmen, starke Investitionen und steigende FFG-Budgets." Um Österreich zu einem angesehenen Forschungsstandort zu machen, wird es wohl noch andere "massive Anstrengungen" brauchen. Barry Dickson, Direktor des Instituts für Molekulare Pathologie (IMP), fordert, "die Forschungs- und Bildungsausgaben auch in Zeiten budgetärer Konsolidierung zu steigern". Voestalpine-Forschungschef Peter Schwab schlägt die Konzentration auf wenige, vielversprechende Felder vor und fordert eine "positive Grundstimmung", deren Grundstein in der Schule zu legen sei.

Dazu ruft Claus Hofer, Leiter des Zentrums für Innovation und Technologie (ZIT) der Stadt Wien, in Erinnerung, worum es in der Forschungspolitik auch geht: um "Humanressourcen, die man nicht verschwenden soll", weil sie, hier ohne Chancen, den Weg ins Ausland wählen; aber auch um Ziel und Zweck der Forschung, den es manchmal nicht geben dürfe. "Beteiligen wir uns nicht am provinziellen ,Wofür ist das gut?'." (pi/DER STANDARD, Printausgabe, 12.01.2011)