Die Plattwurm-Art Macrostomum lignano bei der wechselseitigen Kopulation.

Foto: Lukas Schärer

Die Paarungsvarianten zweier Macrostomum-Arten.

Foto: Dita B. Vizoso

Spermien haben während der Evolution unterschiedlichste Formen ausgebildet - sie sind die Folge einer optimalen Anpassung an das Paarungsverhalten und auf den sich daraus ergebenden Weg zur Eizelle. Hervorragende Beispiele für die Diversität von Spermien bieten Plattwürmer, die teilweise über recht skurrile Paarungs-Varianten verfügen.

Die Wissenschafter um Lukas Schärer vom Zoologischen Institut der Universität Basel untersuchten das Paarungsverhalten und die Form der Spermien von 16 Arten der Plattwurmgattung Macrostomum. Plattwürmer sind Zwitter haben also gleichzeitig männliche und weibliche Geschlechtsorgane. Wie die Forscher im Fachmagazin PNAS berichten, verfolgen die meisten der untersuchten Arten eine von zwei Paarungsstrategien, um an die optimalen Spermien zu gelangen bzw. diese zu behalten.

Variante eins: wechselseitige Kopulation

Bei der ersten Variante paaren sich zwei Tiere jeweils wechselseitig. Das heißt, jeder Wurm gibt Spermien ab und empfängt gleichzeitig jene des "Sexpartners". Das klingt nach einer einvernehmlichen Lösung, doch nach der Kopulation beginnt der Konflikt: Denn das Herstellen der kleinen Spermien erfordert keinen großen Aufwand, die Produktion der großen Eizellen dagegen schon. Darum ist jedes Tier darauf bedacht, seine wertvollen Eizellen nur von Spermien der besten "Männchen" befruchten zu lassen.

Unerwünschte Spermien hingegen werden entfernt. Schärer und seine Kollegen beobachteten, dass die Plattwürmer nach der Paarung die empfangenen Samen mit dem Mund wieder aus der eigenen weiblichen Geschlechtsöffnung zu saugen scheinen. Daran hat der Samenspender kein Interesse - und so erschweren Widerhaken an den Spermien das Heraussaugen.

Variante zwei: geben ohne zu nehmen

Die zweite, ganz andere Lösung besteht darin, dem Partner ohne sein Einverständnis eine Ladung Spermien zu übertragen, während man selber versucht, keine abzubekommen. Dieses Szenario ist bei einer anderen Macrostomum-Art verwirklicht, bei der das Kopulationsorgan einer Injektionsnadel gleicht. Damit injizieren die Würmer ihre Spermien direkt unter die Haut des Partners, wo sie durchs Gewebe zur Eizelle kriechen. Widerhaken wären dabei wohl eher hinderlich, und so fehlen sie bei dieser Art denn auch.

Gemeinsam mit britischen und japanischen Kollegen erstellten die Basler Forscher eine Art Stammbaum der 16 Wurmarten. Es zeigte sich, dass nicht alle Arten mit einer Besamung durch die Haut direkt voneinander abstammen. Dieses Paarungsverhalten muss im Verlauf der Evolution also zweimal unabhängig voneinander entstanden sein.

Das Erstaunliche dabei: Die Spermien dieser nur entfernt verwandten Arten sehen sich äußerst ähnlich. Die Studie zeige also, dass eine Änderung im Paarungsverhalten die Bedingungen für Spermien fundamental ändern und so zu drastischen Anpassungen ihrer Gestalt führen könne, folgern die Forscher. (red/APA)