Wien - Nach Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hat sich am Dienstag auch Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) kritisch zur Novelle für eine Abschaffung der Haftungspflicht der Ärzte im Fall einer nicht diagnostizierten Behinderung von Babys in der Schwangerschaft geäußert: "Ich glaube, dass das kein guter Vorschlag ist. Er ist nicht ausgereift, daher bin ich gegen diese Regelung", betonte Stöger.

Der Gesundheitsminister sorgt sich angesichts des Gesetzesentwurfs von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) vor allem um die Rechte der Patienten: "Wir brauchen im Gesundheitswesen Transparenz. Dass Patienten informiert werden, wird hier ausgehebelt", kritisierte Stöger die Novelle, die beim Schadenersatz bezüglich ärztlicher Behandlungen im pränatalen Bereich eingreift. "Die Ärzte haben Patientinnen in diesem Feld aufzuklären. Jeder der seinen Auftrag nicht gut erfüllt, muss dafür auch haften", verlangte der Gesundheitsminister. "Man sollte den Betroffenen die Entscheidung, was sie mit einer Situation tun, auch überlassen."

Fonds statt Schadenersatzhaftung: "Keine gute Idee"

Als Beispiel stellte Stöger einen Vergleich an: Wenn ein Mediziner eine schwere Krankheit diagnostiziere, dürfe er ebenfalls nichts verschweigen, und der gut informierte Patient entscheide danach über die Behandlung. Problematisch sei, dass Gleichheit für alle Ärzte gelten müsse, so der Minister weiter. Wenn man bei einem Teilsegment in der Gynäkologie beginne, sei die Frage, wie sich das weiter entwickle und bei welcher Sparte - zum Beispiel bei der Chirurgie - das enden könne.

Dem Vorschlag Bandion-Ortners, die Schadenersatzhaftung abzuschaffen und stattdessen einen Fonds für alle Familien mit behinderten Kindern einzurichten, kann Stöger nichts abgewinnen. "Dieser Fonds in einem ganz, ganz kleinen Segment ist ein Ablenken vom Thema", kritisierte der Gesundheitsminister. "Es gibt ja gute Regelungen." Generell könne man bei den jetzigen Maßnahmen natürlich immer über die Ausgestaltung reden, er sei nicht gegen eine Aufstockung.

Kritik an Bandion-Ortners Vorgehen

Ähnlich wie Heinisch-Hosek kritisierte Stöger die Vorgehensweise von Bandion-Ortner: "Das ist einseitig hinausgegangen vom Justizministerium", bemerkte er. "Wenn die Frau Justizministerin den Vorschlag vorher intern abgeklärt hätte, hätten wir die Bedenken gut formulieren können."

Behindertenanwalt Erwin Buchinger kritisierte die Novelle in der "Wiener Zeitung" (Dienstagsausgabe) ebenfalls: Sie beseitige das Problem der "Ungleichbehandlung von werdendem behinderten und nicht-behinderten Leben" nicht, so Buchinger in dem Artikel. Er wünsche sich daher die Abschaffung der Möglichkeit, behinderte Kinder auch nach dem dritten Monat abtreiben zu können (eugenische Indikation). (APA)