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Rein oder raus? Der Türsteher entscheidet. Rassistisch darf er dabei nicht vorgehen, aber homophob oder muslimenfeindlich sehr wohl

Foto: REUTERS/Toby Melville

Ein Tiroler Gastwirt schickt ein Pärchen, das auf der Suche nach einem Hotelzimmer ist, vor die Tür, weil er „keine Schwulen ausstehen kann". Eine Wiener Tagesmutter nimmt ein Mädchen nicht auf, weil sie „keine Moslems in der Gruppe haben will". Ist das gerecht? Wohl kaum. Und doch ist es legal. 

Im Gegensatz zu anderen EU-Staaten erlaubt Österreich die Benachteiligung von religiösen Minderheiten, von Schwulen und Lesben und älteren Menschen. Nur am Arbeitsmarkt sind auch diese Gruppen vor Diskriminierung geschützt. Zum Vergleich: Frauen, Angehörige ethnischer Minderheiten oder Behinderte dürfen weder am Arbeitsmarkt noch beim Zugang zu Gütern oder Dienstleistungen benachteiligt werden - die oben genannten Gruppen hingegen schon.

"Völlig überraschend"

Wegen dieser „Diskriminierung bei der Diskriminierung" wurde Österreich bereits vor fast vier Jahren vom UNO-Menschenrechtsrat ermahnt. Eine Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes sollte per 1. Jänner gleiche Bedingungen für alle schaffen: Der Ministerrat hatte beschlossen, das Diskriminierungsverbot auf alle benachteiligten Gruppen auszuweiten. „Völlig überraschend", wie Volker Frey vom Klagsverband meint, sei dieser Passus nun gestrichen worden. Jene Gesetzesfassung, die am Donnerstag im Gleichbehandlungsausschuss des Parlaments beschlossen werden soll, sieht diesbezüglich keine Änderung mehr vor. Menschen sollen weiterhin aufgrund ihrer Religion, der sexuellen Orientierung oder des Alters benachteiligt werden dürfen.

Warum der Schwenk? Die ÖVP sei "durch gewisse Experten in ihren Zweifeln bestätigt worden": So erklärt sich Gisela Wurm, Obfrau des Gleichbehandlungsausschusses, den Schwenk des Koalitionspartners auf derStandard.at-Anfrage. So hatte etwa der emeritierte Jus-Professor Theodor Tomandl vor der Gesetzesänderung gewarnt, die er als Ausprägung eines "autoritären Staates" werte. Unsinn, meint Jurist Volker Frey: Denke man diese Argumentation konsequent zu Ende, dann erübrige sich jegliches Arbeitsrecht, richtet Frey dem Arbeitsrechtler Tomandl aus. 

"Hetzkampagne"

Laut Frey sei der überraschenden Änderung der Regierungsvorlage eine „Hetzkampagne" in bestimmten Medien vorangegangen. Dabei hätte „sogar die Wirtschaftskammer" den Entwurf für akzeptabel erklärt. Zudem habe die Regierung in ihrem umfassenden Lagebericht zur Situation der Menschenrechte an den UN-Menschenrechtsrat versprochen, den Diskriminierungsschutz auf alle von der Menschenrechtskonvention anerkannten Gruppen auszuweiten. „Wie will man sich jetzt rechtfertigen?", fragt Barbara Liegl vom Verein Zara.

"Ich hätte es gern drinnen gehabt", bedauert Wurm jedenfalls die Entfernung des Passus aus dem Gleichbehandlungsgesetz. Allerdings habe man der ÖVP wegen deren Zustimmung zur neuen Regelung der Einkommenstransparenz zwischen Männern und Frauen einen Schritt entgegen kommen müssen. Sie werde bei der Sitzung am Donnerstag "sicher versuchen, etwas zu erreichen" - ihr Optimismus halte sich jedoch in Grenzen, zumal eine geplante EU-Richtlinie zur Ausweitung des Diskriminierungsschutzes soeben "für zwei Jahre auf Eis gelegt worden ist" - es bestehe somit kein Druck von außen.

Dem widerspricht Kurt Krickler von der Homosexuellen-Initiative HOSI: "Es geht hier nicht um Luxusforderungen irgendwelcher NGOs", sondern um internationale Verpflichtungen: Österreich habe die Menschenrechtskonvention ratifiziert, nun sei sie umzusetzen. Und Krickler fügt hinzu: "Für uns ist es pervers, dass ausgerechnet beim Schutz vor Diskriminierung diskriminiert wird." (Maria Sterkl, derStandard.at, 10.1.2010)

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