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Widriges Wetter machte der Bahn zu schaffen. Vorerst abgewendet wurde zumindest die finanzielle Entgleisung der ÖBB - allerdings zu Lasten der Erhaltung und des Betriebs des Netzes.

Foto: APA/ÖBB

Verkehrsministerin Doris Bures bewahrt die mit bald 18 Milliarden Euro Verbindlichkeiten beladene ÖBB vor der finanziellen Entgleisung. Die Annuitäten für den Bahnbau soll künftig allein der Bund bedienen.

Wien – Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) greift der eigenkapitalschwachen ÖBB nicht nur bei der Finanzierung des umstrittenen Koralmbahnausbaus um geschätzte acht bis zehn Milliarden Euro unter die Arme, sondern insgesamt beim Milliardenbahnausbau. Zu diesem Zweck wurde still und leise die 2007 von ihrem Vorgänger, dem nunmehrigen Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), kreierte Formel außer Kraft gesetzt, wonach der ÖBB-Konzern 30 Prozent der Annuitäten (Zinsen und Kapitalrückzahlungen) abstottern muss und der Bund mit 70 Prozent die Hauptlast der Bau- und Finanzierungskosten trägt.

Wie Bures in Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage von Grün-Verkehrssprecherin Gabriela Moser lapidar darlegt, will der Bund künftig sämtliche Annuitäten zahlen. "Das bisherige Finanzierungsregime wird aufgrund der Fusion von ÖBB-Infrastruktur-Bau-AG und ÖBB-Infrastruktur-Betrieb-AG (erfolgte 2009, Anm. d. Red.) dahingehend geändert, dass die Investitionskosten der ÖBB-Infrastruktur AG – abgesehen von Kostenbeiträgen Dritter – nunmehr ausschließlich durch Annuitätenzuschüsse des Bundes abgegolten werden", schreibt Bures.

Was für die ÖBB eine Entlastung bringt, weil anstehende Wertberichtigungen aufgrund von Minderauslastung des Schienennetzes (unter anderem wegen des Einbruchs im Güterverkehr) reduziert bzw. obsolet werden, hat allerdings einen Haken: Die Zuschüsse des Bundes für Erhaltung und Betrieb des rund 5500 Kilometer langen Schienennetzes (gemäß §42 Bundesbahnstrukturgesetz) werden gekürzt. "Im Gegenzug werden die Zuschüsse des Bundes zum laufenden Betrieb im gleichen Ausmaß reduziert, sodass die Zuschüsse des Bundes zur ÖBB-Infrastruktur aufgrund der Neustrukturierung nicht verändert werden", schreibt Bures.

Zulasten der Erhaltung

Heißt auf gut Deutsch: Der Milliardenausbau von Schieneninfrastruktur und Bahntunnels wird mittelfristig zulasten von Erhaltung und Betrieb des Netzes gehen. Für Letztere standen bis 2007 jährlich 1,006 Mrd. Euro zur Verfügung (inklusive Verschubkosten), die bis 2010 auf 1,2 bis 1,35 Mrd. Euro jährlich erhöht wurden. Bures gibt die Zuschüsse für Instandhaltung, Planung und Bau von Schieneninfrastruktur im ÖBB-Rahmenplan 2011-2016 mit 1,2 bis 1,9 Mrd. Euro an.

"Damit haben wir es Schwarz auf Weiß", schäumt Grün-Abgeordnete Moser, "der Bahnausbau geht zu Lasten des derzeitigen Angebots für die Fahrgäste. Preiserhöhungen und Verschlechterungen werden unumgänglich."

Immerhin eine Verschlechterung hat die ÖBB am Sonntag offiziell zurückgenommen: Die Gültigkeitsbeschränkung kombinierter Hin- und Rückfahrkarten. Sie gelten bei einer Bahnfahrt von 101 Kilometern wieder einen Monat lang, gab die ÖBB bekannt. Kunden bekommen allfällige Bußgelder zurück. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Printausgabe, 10.1.2011)