Bild nicht mehr verfügbar.

Liverpool-Manager Kenny Dalglish (re) und sein Coach Sammy Lee sahen in Old Trafford nicht viel Erfreuliches.

Foto: Reuters/Noble

Manchester - Es war der erste Nachmittag von Kenny Dalglish auf der Liverpool-Bank seit 19 Jahren. Einen Tag nachdem der Schotte den glücklosen Roy Hodgson als Trainer der Reds abgelöst hatte, stand der FA-Cup-Klassiker bei Manchester United auf dem Programm. Trotz der betreuenden Legende waren die Gäste als Außenseiter nach Old Trafford gekommen und kaum war die Partie der dritten Runde angepfiffen, sah sich Dalglish auch bereits gezwungen, zum ersten Mal den Kopf zu schütteln.

In der zweiten Minute erlaubte die Liverpool-Verteidigung Dimitar Berbatow einen Ausflug in ihren Rücken, Daniel Agger begab sich auf die Verfolgung. Es kam zu einem Kontakt der sanftesten Sorte, doch natürlich fiel der United-Stürmer nach der unglücklichen Intervention trotzdem, er befand sich ja auch im Strafraum. Und tatsächlich: Howard Webbs Pfeife verkündete Elfmeter. Ryan Giggs verwertet sicher rechts unten, auch wenn Liverpool-Keeper Pepe Reina die Ecke richtig ausguckte. Es war der zweite Saisontreffer für den Waliser, der seit nicht weniger als 20 Jahren den Cup-Bewerb bestreitet. Von Beginn an war die Rivalität zwischen den Klubs spürbar: die Zweikämpfe waren intensiv, es wurde fleißig geschimpft und reklamiert. Ein schwieriger Job für Referee Webb, obwohl in der Folge allgemeine Beruhigung eintrat.

Dalglish hatte Dirk Kuyt and Raul Meireles ins Mittelfeld geschoben, Martin Kelly, Fabio Aurelio und Agger bildeten mit Martin Skrtel die Viererkette. Alex Ferguson verzichtete auf Edwin van der Sar, Wayne Rooney and Nemanja Vidic. Javier Hernandez war Berbatows Partner in vorderster Front.

Wiederholt legten lange Bälle auf die United-Flügel ein nicht ideales Positionsspiel der Liverpool-Verteidigung offen. Zu hoch aufgerückt sahen sich die Reds dann gezwungen ihren Gegenspielern hinterher zu hecheln. In der United-Formation, die das Spiel breit zu machen suchte, passte die Balance sichtlich besser. Liverpool gestand dem Gegner im Spielaufbau relativ viel Zeit zu, während Manchester bemüht war, deutlich früher Druck auf den Ballführer auszuüben. Erst nach 19 Minuten gelang  Maxi Rodriguez der erste Torschuss für Liverpool und verschaffte dem abblockenden United-Keeper Kuszczak warme Handflächen. Fernando Torres fand auch an diesem Tag keine Bindung zum Spiel.

Nach einer halben Stunde schüttelte Dalglish dann zum zweiten Mal den Kopf. Steven Gerrard war im Kampf um den Ball gleich mit zwei gestreckten Beinen gegen Carrick angetreten. Da der United-Mittelfeldspieler etwas früher dran war, erwischte der Liverpool-Kapitän nur dessen Fuß. Webb hatte eine zweite folgenschwere Entscheidung zu treffen. Er tat dies mit einem Griff in die Hosentasche und Gerrard sah - durchaus vertretbar - Rot (32.). "In der Früh fliegst du raus", intonierte der United-Anhang, der sich darin gefiel auch noch Salz in die Wunden des gerade erst inthronisierten Reds-Bosses zu reiben, dessen Team gerade der wichtigste Ballschlepper aus dem Mittelfeld abhanden gekommen war.

Gegen den dezimierten Gegner ließ es United etwas an Entschlossenheit fehlen, das Match unter Kontrolle zu halten schien erst einmal auszureichen. Torchancen im engeren Sinn gab es im Rest der ersten Halbzeit dann auch nicht mehr zu sehen. Erst in der Nachspielzeit gab's wieder Aufregung, als der ungedeckte Jonny Evans einen Giggs-Corner an die Latte bugsierte.

Nach der Pause schien United dann doch gewillt, in höhere Gänge zu schalten und die Sache klarzumachen. Erst legte der immerjunge Giggs ein elegantes Solo hin, dann verfehlte Hernandez per Kopf nur um Zentimeter. In der 49. Minute ging mit Evra wieder einmal jemand allzuleicht im Strafraum zu Boden, einen zweiten Strafstoß gab's denn aber doch nicht. In der 56. Minute prallte der herauseilende Reina gegen Berbatow und konnte deshalb eine Giggs-Flanke nicht fangen. Der Bulgare schoss den freien Ball jedoch über die Latte. Rund zehn Minuten später ergab sich gleich eine Mehrfach Schussgelegenheit für United - Liverpool-Leiber warfen sich der Gefahr entgegen und Reina hielt innert Sekunden drei, vier Mal.

Obwohl in außerordentlich schwieriger Lage, lebte Liverpool immer noch. Ein Treffer würde für ein Wiederholungsspiel in Anfield reichen. Eine Viertelstunde vor Schluss kam Michael Owen gegen seine Ex-Kollegen zum Einsatz, welche sich hart arbeitend relativ gut verkauften. Viel mehr als ein Charaktertest war unter den gegebenen Bedingungen auch nicht drin.

In der 83. Minute nahm Giggs von der Mittellinie aus Anlauf - und es in der Folge mit nicht weniger als vier Verteidigern auf, die er dann aber doch nicht ganz überwinden konnte. Es sollte der letzte der doch recht wenigen entschlossenen Versuche Uniteds gewesen sein, einen zweiten Treffer zu erzwingen. Eher waren die Gastgeber in der Schlussphase mit Ballsicherung beschäftigt und ließen so die 90 Minuten unspektakulär ausklingen. (Michael Robausch)

ManUnited: Kuszczak, Rafael Da Silva, Ferdinand, Evans (84. Smalling), Evra, Nani, Carrick, Fletcher (63. Anderson), Giggs, Berbatow, Hernandez (75.Owen).

Liverpool: Reina, Kelly, Skrtel, Agger, Aurelio, Kuyt, Meireles (61. Shelvey), Lucas, Rodriguez (60. Babel), Gerrard, Torres (77. N'Gog)