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In Science-Fiction-Filmen wie Actionserien ist Videotelefonie seit Jahrzehnten selbstverständlicher Bestandteil einer schönen neuen Welt. In der Praxis hingegen ist Videokommunikation alles andere als alltäglich, obwohl die technischen Möglichkeiten dazu längst weit verbreitet sind.

Analoge Videotelefone waren vor Jahrzehnten ebenso erfolglos wie Videocalls mit Handys seit der Einführung von UMTS-Netzen. Regelmäßig bringen Wirtschaftskrisen, bei denen teure Flugreisen dem Spargott geopfert werden, neue Hoffnungen für billige Videotelefonie. Aber nicht wenige Firmen machen die Erfahrung, dass ihre neu angeschaffte Videoausrüstung wenig oder gar nicht genutzt wird.

"Die nächste Front"

Aber was viele inzwischen als Technologie abgeschrieben haben, die sich nicht durchsetzen wird, sieht Skype als "die nächste Front" seiner Entwicklung. Hunderte Millionen verwenden Skype für Gratisgespräche übers Netz, und inzwischen ist die Online-Telekommunikation Nummer eins bei internationalen Ferngesprächen. 520 Millionen internationale Gesprächsminuten verzeichnet Skype täglich, 190 Milliarden Minuten im Jahr, ein Marktanteil bei Ferngesprächen von 25 Prozent, sagt CEO Tony Bates bei einem Pressegespräch bei der Consumer Electronics Show (CES). Was dabei besonders überrascht: "40 Prozent aller Gesprächsminuten findet mit Video statt."

Die jüngste eindrucksvolle Bestätigung für diesen Trend erfuhr Skype, als es seine iPhone App für Videocalls einführte. "Innerhalb von 24 Stunden wurde Skype Video vier Millionen Mal heruntergeladen. Zu Silvester wurde damit bereits eine Millionen Minuten an Videogesprächen geführt", erklärt Bates. Video und Mobiltelefonie seien "eine der wichtigsten Bereiche für die weitere Entwicklung von Skype", sagt Bates.

Kauf

Das sei auch der Beweggrund für die am Donnerstag bekanntgegebene Übernahme des bisherigen Konkurrenten Qik. Dieser hat eine Reihe von Technologien zu bieten, die Skype vor allem im Videobereich gelegen kommen: einerseits Know-how, um rasch eine Skype-App für Android-Handys zu entwickeln, andererseits Technologie, um Videocalls aufzuzeichnen, zu streamen und wiederholen zu können.

Den Kaufpreis nannte Bates nicht. US-Medien gehen von 100 Millionen Dollar (76,4 Mio. Euro) aus. Die Qik-Software ist auf mehr als 200 Handys mit allen relevanten Betriebssystemen verfügbar.
Gruppenvideotelefonie

Neue Produkte

Skype kündigte auch ein neues Videoprodukt an: Videokonferenzen für bis zu zehn Teilnehmer, um neun Dollar monatlich (sieben Euro, die nur von einem der Teilnehmer zu bezahlen sind). Bisher gab es Videokonferenzen nur in Beta-Form für Windows PC, mit der Einführung des regulären Produkts werden auch Macs, iPhone und iPad mit eingebunden.

Und das Wohnzimmer: Denn während Skype einerseits Füße bekommen will, versucht es andererseits im Wohnzimmer, über Internet-verbundenes TV sesshaft werden. Zu den bisherigen Partnern Samsung und Panasonic, die Skype bereits in TV-Geräten mit Onlinezugang integriert haben, kommen Sony und Vizio hinzu, sowie externe Geräte wie vernetzte Blu-ray-Player.

Blackout

Dabei will Skype nicht vergessen, seine Dienste verlässlicher zu machen: Vor Weihnachten führte ein Blackout für Teilnehmer zum Teil über mehrere Tage dazu, dass Skype nicht oder nur mit Problemen verwendet werden konnte. "Wir bedauern das zutiefst, wir haben dabei viel gelernt - auch wie wichtig wir bereits im Alltag sind", streut Bates Asche auf sein Haupt. (Helmut Spudich\DER STANDARD, Printausgabe; 8.01.2011)

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