Satire ist der erste Schritt zur Überwindung eines Missstandes. Und Suder-Serien wie "Grey's Anatomy", die auf Gefühlsduselei beschränkt sind wie Rambo auf Waffengebrauch, betteln geradezu um Verarsche. Und die wird geliefert: Die dritte Staffel der von ORF und RTL koproduzierten Comedyserie "Doctor's Diary", die Mittwochabend anlief, entkleidet das, was Meredith Grey & Co daherlamentieren, der hohlen Gefühlsschwere und verhängt das verbliebene Knochengerüst einer mageren Lovestory mit wüstem Klamauk der grobschlächtigen Sorte.

Foto: ORF/RTL/Stefan Erhard

Einerseits ist das schön, weil sich damit die Oberflächlichkeit des Zielgruppenfernsehens konsequent enttarnt und Klischees jener einschlägigen Serien durch ihre maßlose Übertreibung dekonstruiert werden.

Andererseits kann man getrost befürchten, dass der Unsinn von "Doctor's Diary" in vorstädtischen Wohnzimmern nicht für eine Satire auf das Genre, das "Emergency Room" in den 90ern neu erfunden hat, gehalten wird, sondern für so etwas wie eine "einfach nur lustige Serie". Und das ist nicht so toll. Denn Hauptfigur Gretchen, die devot ihren Macho anhimmelt, hält ins Brautkleid zu passen für das Allerwichtigste.

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Die bürgerlich-reaktionäre Karikatur einer Ärztin, die als Allegorie von Naivität ihr Weltbild aus den tiefsten 50er-Jahren bezieht, fällt nur deshalb weniger auf, weil die Dialoge ständig von Porno, vom Wixen oder vom Fettsein ("Alles über 60 Kilo zähle ich doppelt") handeln, bevor sich die Darstellerinnen am Ende der Folge in Schweinemist wälzen. Das mag gutgehen, solange man den Brachialhumor durch ein intelligentes Konzept bricht. Allein die Akteure als Ärzte zu deklarieren reicht dafür nicht. (Alois Pumhösel/DER STANDARD, Printausgabe, 7.1.2011)

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