Die Landespolitik signalisierte, dass sie die Therme will, sagt der Fohnsdorfer Bürgermeister Johann Straner (rechts). Auch Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann (Mitte) informierte sich.

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Graz/Fohnsdorf - Johann Straner lässt keinen Zweifel offen: "Das kämpf ich durch - bis zur bitteren Neige." Der Fohnsdorfer Bürgermeister wähnt sich als "Bauernopfer" landespolitischer Ränkespiele, und da würden er und seine 8000-Einwohner-Gemeinde nicht mitspielen. Straner kontert jetzt mit Bauernschläue.

Weil das Gemeindebudget katastrophal aus dem Ruder gelaufen ist, sich Millionen Euro an Schulden angehäuft haben und eine ganz offensichtlich unfinanzierbare Therme die Gemeinde an den Rand der Pleite gebracht hat, will das Land den obersteirischen Ort Fohnsdorf jetzt unter Kuratel stellen, den Bürgermeister absetzen, einen Kommissär zur Ordnung der Gemeindefinanzen einsetzen und den Gemeinderat auflösen.

Straner ist dem jetzt zuvorgekommen und hat von sich aus das Gemeindeparlament aufgelöst. Der SPÖ-Bürgermeister im Gespräch mit dem Standard: "Was will das Land jetzt auflösen, wenn es nichts mehr zum Auflösen gibt?" Gibt das Land klein bei - über die Straner'sche Finte wird in der Landesregierung noch beraten -, will der Bürgermeister rasche Neuwahlen im Ort. Wissend, dass die Bevölkerung hinter ihrem Ortschef steht, der immerhin eine Therme in die Gemeinde gebracht hat. Und seit Straner 2003 knapp ein Schussattentat überlebt hat - seine Uhr hatte einen Herzschuss abgelenkt - gilt er ohnehin als Hero. Straner: "Natürlich gibt mir das Attentat auch Kraft. Wenn ich das überlebt habe, überlebe ich auch politische Konflikte."

Sollte das Land jedenfalls dennoch einen Kommissär schicken, werde er dies umgehend beim Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof beeinspruchen. Er - und sein SPÖ-Team - wollen den Ort selbst sanieren. Straner, gegen den die Staatsanwaltschaft unter anderem wegen Amtsmissbrauch ermittelt, geht in der Opferrolle gänzlich auf. Gut, er habe formale Fehler begangen, wichtige Beschlüsse von falschen Gremien durchführen lassen, aber strafrechtlich habe er sich "absolut nicht vorzuwerfen". Und auch sonst nichts. Fohnsdorf werde einfach schlechtgemacht. Straner: "Man hat mir immer versprochen, dieses Leitprojekt für unsere Region - wir haben ja sonst nichts - zu unterstützen." Und jetzt sei ihm die Landesregierung, auch die eigenen Parteifreunde, in den Rücken gefallen. Im Grunde gehe es Fohnsdorf wie 70 Prozent aller anderen Gemeinden: finanziell einfach schlecht.

Politiker wie "Nikoläuse"

Straner bekommt vom Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes, Helmut Mödlhammer, im Grunde sogar Recht. Das Land habe die umstrittene Therme in Fohnsdorf subventioniert und damit bekundet, dass es mit dem Bau einverstanden sei. Mödlhammer: "Die müssen doch Unterlagen als Grundlage für die Förderungen gehabt haben, als sie die Investition abgesegnet haben. Die Landespolitiker können den schwarzen Peter jetzt nicht nur dem Bürgermeister zuschieben. Man kann nicht sieben Millionen vergeben und dann sagen, wir haben nichts gewusst."

Mödlhammer kreidet den rot-schwarzen Landesregierern vor allem die Verteilungspraxis von Steuergeldern an. Über unkontrollierte Bedarfzuweisungen schüttet SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves an rote Gemeinden, ÖVP-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer an seine schwarzen Gemeinden Subventionen aus. Mödlhammer: "Das ist ja furchtbar. Da führen sich Politiker auf wie Nikoläuse. Es gehören klare Systeme und Kriterien her, was gefördert wird und was nicht. Unabhängig von jeder Parteipolitik."

Diese ungeregelte, parteipolitisch motivierte Subventionskultur sei mitverantwortlich für derartige Finanzmiseren wie jene im obersteirischen Fohnsdorf. (Walter Müller/DER STANDARD-Printausgabe, 5./6.2011)