Frankfurt - Kartellsünder in der Europäischen Union werden immer häufiger aufgespürt. Im vergangenen Jahr verhängte die EU-Kommission wegen illegaler Absprachen Strafen über 3,05 Mrd. Euro gegen Firmen, wie die Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer errechnet hat. Das waren fast doppelt so viel wie ein Jahr zuvor.

Mehr waren es in der Geschichte der EU-Kommission bisher nur 2007. Damals hatte die Behörde ein großes Aufzugskartell gesprengt, an dem auch österreichische Liftbauer beteiligt waren. Prominente Beispiele aus dem vergangenen Jahr waren Bußgelder gegen elf Fluggesellschaften wegen Preisabsprachen im Frachtgeschäft und die Bestrafung eines Speicherchip-Kartells.

Die Experten von Freshfields gehen davon aus, dass 2011 noch mehr Kartellverstöße geahndet und die Strafzahlungen weiter nach oben gehen werden. Einen wesentlichen Grund hierfür sehen sie in einer besseren grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Kartellbehörden. Zudem helfe das Kronzeugenprogramm der EU, erläutert Martin Klusmann, Kartellrechtsanwalt bei Freshfields. Immer mehr Unternehmen kooperierten mit der EU-Kommission und belasteten sich selbst, um Bußgelder zu reduzieren oder ganz zu vermeiden. Die wachsende Zahl von Schadenersatzklagen privater Kläger gegen diese Firmen gefährde indes den Erfolg der Kronzeugen-Angebote.

In den nächsten Jahren wird auch mit einer Zunahme der Vergleiche gerechnet, da viele Firmen Imageschäden in Folge einer monatelangen öffentlichen Auseinandersetzung fürchten. "Vergleiche machten im vergangenen Jahr bereits fast ein Drittel der Einnahmen der Europäischen Kommission in Kartellverfahren aus", betont Klusmann. Auch die EU-Wettbewerbsbehörde dringe auf solche Einigungen, da sie dann mehr Zeit und Mitarbeiter für weitere Untersuchungen habe. (APA/Reuters)