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Ein Arbeiter wechselt an einer Tankstelle in Karatschi die Preistafeln. Wegen der hohen Benzinpreise ist die zweitgrößte Koalitionspartei MQM aus Pakistans Regierung ausgeschieden.

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Suche nach neuen Mehrheiten: Pakistans Premier Yousuf Raza Gilani.

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Islamabad/Neu-Delhi - Gleich zum Jahresauftakt ist Pakistans ohnehin labile Regierung in eine neue Krise geschlittert. Nach monatelangen Querelen ließ die zweitgrößte Regierungspartei MQM (Muttahida Qaumi Movement) die Koalition mit der Bhutto-Partei PPP (Pakistan Peoples Party) platzen und wechselte auf die Oppositionsbank. Regierungschef Yousuf Raza Gilani steht damit ohne Mehrheit im Parlament da.

Am Montag suchte er den Kontakt zu Führern anderer Oppositionsparteien, um Chancen für neue Koalitionen auszuloten und ein Misstrauensvotum abzuwenden. Zwar bestritt Gilani, dass seine Regierung vor dem Kollaps stehe - "ich sehe keine Krise", meinte er -, aber westliche Beobachter zeigten sich besorgt über die politische Stabilität und Handlungsfähigkeit des Atomstaates, der mit Terror, einer ausgemachten Wirtschaftskrise und den Folgen der Flutkatastrophe vom Sommer kämpft.

Das Ausscheiden der MQM schwächt die Regierung und Gilanis Autorität weiter. Pakistans Regierungskoalition, die mit der MQM bisher über 181 von insgesamt 342 Sitzen im Parlament verfügte, rutschte damit unter die notwendige Mehrheit von 172 Sitzen. Politische Analysten glauben allerdings nicht, dass die MQM es derzeit auf einen Sturz der Gilani-Regierung abgesehen hat. Offiziell begründete die MQM den Bruch der Koalition mit den angehobenen Benzinpreisen, der Inflation und Misswirtschaft durch die Regierung.

Vermutet wird aber, dass die MQM eine größere Rolle in der Koalition aushandeln und der PPP Zugeständnisse abpressen will. So erklärte die MQM selbst: "Wir wollen die Regierung nicht destabilisieren." Die MQM hält 25 Sitze im Parlament und war damit der wichtigste Koalitionspartner der PPP. Die PPP wird weiterhin von der Awami National Party (13 Sitze) sowie von einer kleineren Partei und 17 Unabhängigen gestützt.

Neuwahlen unwahrscheinlich

Vorgezogene Neuwahlen gelten daher bisher als unwahrscheinlich. Das Land stecke derart tief im Schlamassel, dass "niemand derzeit in Islamabad regieren möchte", sagte der US-Analytiker Arif Rafiq. "Die Wirtschaft ist ein Fiasko, und der Internationale Währungsfond drängt die Regierung, hochunpopuläre Steuern einzuheben. Ich rechne nicht mit einem Misstrauensvotum oder dem Sturz der Regierung in den nächsten Monaten."

Trotzdem sei das Ausscheiden der MQM ein schwerer Schlag für das Land, das erst seit 2008, nach dem Sturz von Pervez Musharraf, wieder eine zivile Regierung hat. "Wir werden eine extrem schwache Gilani-Regierung haben, die dem Druck einer Vielzahl von Parteien ausgeliefert ist", sagt Rafiq. Diese würden ebenso gegen neue Steuern wie eine Militäroffensive wider die Taliban in Nordwasiristan Front machen. (Christine Möllhoff/DER STANDARD, Printausgabe, 4.1.2011)