Wien - Über ein "verdrängtes Kapitel der Nachkriegsgeschichte" berichtet "Zeit.online": Zahlreiche dunkelhäutige Kinder, die aus Beziehungen von Österreicherinnen mit Besatzungssoldaten stammten, wurden demnach in den 50ern in die USA geflogen und an Adoptiveltern übergeben.

Persönliche Erinnerungen

"Jeden Tag sind österreichische Kinder angekommen, manchmal eines, manchmal drei", erinnert sich Trudy Jeremias, die beim Bodenpersonal am New Yorker Flughafen Idlewild (heute JFK Airport) arbeitete, in dem Bericht. "Er kam in einem Tirolergewand an, und er hat auch so gesprochen. Peter war ein schwarzes Kind", schildert die 85-Jährige, zu deren damaligem Job es gehörte, die Kinder aus Europa - nach Jeremias Angaben im Alter zwischen vier und sieben Jahren - in den USA in Empfang zu nehmen und durch die Grenzkontrollen zu ihren neuen Adoptiveltern zu begleiten. Es sollen meist die Kinder gewesen sein, die amerikanische Besatzungssoldaten dort zurückgelassen hätten, wo sie stationiert gewesen seien.

Ein Kind soll bei der Übergabe an eine dunkelhäutige Adoptivmutter geschrien haben: "'Eine Negerin, eine Negerin!' Das Mädchen hatte keine Ahnung, dass es selber schwarz war", erinnert sich Jeremias. Wer das System der Adoptionen organisierte, die Reisekosten finanzierte und wohin der weitere Lebensweg die Neuankömmlinge führte, darüber weiß Jeremias nicht Bescheid.

Offene Fragen

Allein in Salzburg sollen einem Bericht aus dem Jahr 1955 zufolge 1.899 uneheliche Kinder einer Liaison von Österreicherinnen mit GIs der U.S. Army, in der rund fünf Prozent afroamerikanische Soldaten bei den Besatzungstruppen dienten, entstammt sein. Niemand wisse aber, wie viele dieser Kinder eine neue Heimat im Land ihrer Väter fanden. "Die österreichische Geschichte ist weiß. Die Lebensläufe schwarzer Österreicher aus der Nachkriegszeit, in der Regel Besatzungskinder, kommen nur ausnahmsweise vor, wie etwa die Karriere des oberösterreichischen Fußballers und Torschützenkönigs Helmut Köglberger, geboren 1946 in Sierning bei Steyr", so "Zeit.online".

Nicht nur über die genaue Zahl der Adoptionen fehlt es noch an Informationen, sondern auch über die Hintergründe. So wurde bislang nicht erforscht, zu welchem Grad Jugend- und Sozialämter im postnationalsozialistischen Österreich Mütter zur Adoptionsfreigabe ihrer "schwer integrierbaren" Kinder gedrängt haben.

Gesellschaftliche Ächtung

Frauen, die mit dunkelhäutigen Soldaten Beziehungen eingingen, wurden in der immer noch stark rassistisch geprägten Gesellschaft schikaniert - etwa als "Schokoladenmädchen" oder "Dollarflitscherl". Die meisten Frauen, die aus diesen Beziehungen Kinder zur Welt brachten, sollen sich als Alleinerziehende wiedergefunden haben, da die Beziehungen mit den Soldaten, die meist bald wieder versetzt wurden, oft nur von kurzer Dauer waren. Müttern, die nach dem Verbleib der Väter ihrer Kinder suchten, verweigerte die US-Armee laut "Zeit.online" "generell jede Informationen".

Die Armeezeitung "Stars and Stripes" warnte demnach im April 1946 die "pregnant Fräuleins", sie dürften sich keine Unterstützung von den Militärbehörden erwarten: "Ein 'Kraft-durch Freude'-Mädchen, das von der verbotenen Frucht gekostet hat, muss die Konsequenzen selbst auf sich nehmen." Diese Politik verfolgen die USA laut "Zeit.online" bis in die Gegenwart.  (APA/red)