Salzburg - Der in Salzburg verhaftete kroatische Ex-Premier Ivo Sanader (57) wurde am Donnerstag per Videokonferenz von der Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft zu den kürzlich aufgetauchten Geldwäsche-Vorwürfen befragt. Kommenden Montag wird Sanader zudem vor einer Haftrichterin des Landesgerichts Salzburg stehen. In der auf 11.00 Uhr anberaumten, nichtöffentlichen Verhandlung wird entschieden, ob seine Auslieferungshaft fortgesetzt wird und weiterhin Fluchtgefahr, Tatbegehungs- und Verdunkelungsgefahr besteht.

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien will den Ex-Premier noch vor der nächsten, nicht öffentlichen Haftprüfungsverhandlung einvernehmen, die am 27. Dezember in der Justizanstalt Salzburg sattfinden wird. Der geeignetste Tag vor Weihnachten sei der heutige Donnerstag, erklärte Mediensprecher Friedrich König. Sanader wird wie schon bei der gestrigen Befragung durch den Kärntner Hypo-U-Ausschuss noch heute Vormittag in einem mit einer Webcam, einem Monitor und einem Mikrofon ausgestatteten Vernehmungsraum der Justizanstalt Salzburg Platz nehmen. Der Anhörung wohnt auch sein Rechtsvertreter bei.

Sanader muss den morgigen Heiligen Abend im Salzburger Gefängnis verbringen. "Der 24. Dezember wird bei uns wie ein ganz normaler Freitag ablaufen. Ein spezielles Programm gibt es nicht", sagte Anstaltsleiter Dietmar Knebel. Aus organisatorischen Gründen habe bereits am Montag eine Weihnachtsmesse mit Erzbischof Alois Kothgasser stattgefunden. "Auch kroatische Häftlinge waren anwesend."

Falls sich der Geldwäscheverdacht gegen Ivo Sanader erhärtet, könnte theoretisch ein Ermittlungsrichter des Landesgerichtes für Strafsachen in Wien eine Untersuchungshaft über ihn verhängen. Die U-Haft würde der Auslieferungshaft vorgezogen werden, der Ex-Premier müsste in diesem Fall dann weiterhin in Österreich bleiben, erläuterte ein Justizbeamter.

Verdacht auf Geldwäsche

Vor einer Woche erstattete eine Tiroler Bank Anzeige wegen des Verdachts der Geldwäsche. Medien berichteten von einem Geschäftskonto des Ex-Premiers und einem Konto von seinem verstorbenen Vater, auf dem sich eine Million Euro befinden sollen. Das Geld könnte über die Firma Fimi Media aus staatlichen Unternehmen gezogen worden sein, hieß es. Die österreichischen Justizbehörden ermitteln auch gegen einen Angehörigen Sanaders und eine "dritte Person". Laut König kann die Korruptionsstaatsanwaltschaft auch gegen einen Beschuldigten ermitteln, der sich nicht in Österreich aufhält.

In Salzburger Justizkreisen gilt eine Verlängerung der Auslieferungshaft Sanaders als sehr wahrscheinlich. Bei einer vereinfachten Auslieferung kann das Justizministerium in Wien das Verfahren innerhalb von zwei bis drei Wochen beenden und die Auslieferung beschließen. Allerdings würde Sanader dann auf die "Spezialität" verzichten. Das bedeutet, dass er dann auch wegen anderer Delikte verfolgt werden kann, die ihm die kroatische Justiz bisher noch nicht vorgeworfen hat. Sanader steht wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauchs, Bildung einer kriminellen Vereinigung und schweren, gewerbsmäßigen Betrug im Visier der kroatischen Ermittler. Er soll das Staatsbudget durch illegale Finanztransaktionen unter anderem in schwarze Fonds seiner Partei HDZ ("Kroatische Demokratische Gemeinschaft") um sechs Mio. Euro geschädigt haben.

Wird ein förmliches Auslieferungsverfahren durchgeführt, dann entscheidet ein Haftrichter des Salzburger Landesgerichts, ob eine Auslieferung zulässig ist. Gegen den Beschluss kann der Häftling Rechtsmittel beim Oberlandesgericht Linz einlegen, was das Verfahren um Wochen verlängern würde. Eine Nichtauslieferung wäre nur dann möglich, wenn ihm politische Delikte zur Last gelegt werden. Das sei aber bisher nicht zur Debatte gestanden, hat es bei einer Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Salzburg in der Vorwoche geheißen. Es überwiege der Verdacht von kriminellen Handlungen.

Um die Haft durch gelindere Mittel wie beispielsweise eine elektronische Fußfessel ersetzen zu können, sei ein faktischer Wohnsitz des Beschuldigten in Österreich notwendig, sagte der stellvertretende Mediensprecher der Staatsanwaltschaft Salzburg, Marcus Neher. Die Staatsanwaltschaft wisse nur von einer Wohnadresse Sanaders aus seiner Studienzeit in Innsbruck, die nicht gelöscht worden sei. Einen faktischen Wohnsitz gebe es nicht. Allerdings seien schon aufgrund der schwerwiegenden Tatvorwürfe gelindere Mittel nicht vorstellbar.

Der Ex-Premier verließ seine Heimat am 9. Dezember, kurz bevor das Parlament seine Immunität wegen Korruptionsvorwürfen aufhob. Am 10. Dezember wurde er auf der Tauernautobahn im Salzburger Lungau aufgrund eines internationalen Haftbefehls verhaftet. Sanader sitzt seitdem in Salzburg in Auslieferungshaft. Gegenüber dem Haftrichter hat er alle Vorwürfe zurückgewiesen.

Keine Geldwäsche

In der Videokonferenz mit einem Oberstaatsanwalt aus Wien hat Ivo Sanader heute zu allen Geldwäsche-Vorwürfen Stellung genommen und sie bestritten. Das teilte der Mediensprecher der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Friedrich König, auf Anfrage mit. Der Ex-Premier ersuchte im Beisein eines Verteidigers um eine neuerliche Einvernahme im Jänner, "um mehr Vorbereitungszeit zu haben", erklärte König. Dieser Wunsch wird dem Auslieferungshäftling auch gewährt.

Sanader hatte in der einstündigen Konferenz betont, dass die allfälligen Vermögenswerte aus legalen Einkünften stammen. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat heute auch keinen Antrag auf Untersuchungshaft gestellt. "Sanader hat sich durchaus kooperativ gezeigt und zu allem Stellung genommen", schilderte König. Ein Termin über die zweite Einvernahme im Jänner steht noch nicht fest. Zur nächsten Befragung könnten die Ermittler auch zu Sanader hinfahren, meinte der Sprecher der Korruptionsstaatsanwaltschaft. (APA)