Selbst dem Reiz von Frauen widersteht dieser Mann mit stoischer Gelassenheit: Machete (Danny Trejo), der Held aus Robert Rodriguez' gleichnamigem Film, und Michelle Rodriguez als hartgesottene Untergrundkämpferin She.

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Wer den Begriff Integrationsdebatte nicht mehr hören will: Hier kommt die Kur!

Wien - "You better make damn sure the bad guy isn't you!" Mit dieser großmäulig-ironischen Warnung endete Robert Rodriguez' Trailer zu Machete, der 2007 in seinem gemeinsam mit Quentin Tarantino entworfenem Grindhouse-Projekt quasi als Leckerbissen lief: Den Film dazu gab es noch nicht, es war zu diesem Zeitpunkt nicht einmal klar, ob es ihn je geben wird; doch Danny Trejos mexikanische Rächerfigur mit dem markant vernarbten Gesicht und dem fettig-strähnigen Haar hinterließ nachhaltigen Eindruck, sodass Rodriguez den Film nun tatsächlich realisiert hat - als Ode an den "churro", wie man in Mexiko das B-Movie nennt.

Während der Trailer sich noch ganz auf das martialische Geschick des Auftragskillers reduziert, erweitert der Film die Figur um einen politischen Zusammenhang. Machete, der Ex-Söldner und Polizist, begegnet uns in der Einstiegszene in einem blutrünstigen Gemetzel, bei dem er mit seiner namensstiftenden Lieblingswaffe Körperteile abtrennt, wie andere Butter schneiden. Es ist ein furioser Beginn, der bei Festivalscreenings regelmäßig zu Szenenapplaus veranlasst hat, und der sich immer dann noch einmal steigert, wenn man meint, die Skala des in puncto Gewalt Darstellbaren sei längst überschritten.

Jagd an der Grenze

Es ist der Anfang einer langen Rachefahrt: Machete wird wegen seines Vorgehens gegen den mächtigsten Drogenbaron Torrez, verkörpert vom einstigen Action-Haudegen Steven Seagal, zum Ex-Cop und muss das Land verlassen. Dass auf der anderen Seite der Grenze, in den USA, die Dinge nicht unbedingt zum Besseren stehen, ist der eigentliche Clou des Films: Die retrospektive Aneignung der stilistischen Eskapaden des Exploitation-Kinos der 1970er-Jahre, seit jeher die ästhetische Vorliebe von Rodriguez, beschränkt sich hier nicht auf postmodernes Zitatwerk, sondern erhält ähnlich wie Tarantinos Inglourious Basterds eine gesellschaftspolitische Dimension.

Denn in Texas wirkt der rechtspopulistische Senator McLaughlin (Robert De Niro), der in seinen öfters im Film eingespielten Kampagnen einen rigorosen (und rigoros dummen) Anti-Immigrationskurs fährt - illegale Einwanderer werden darin mit Kakerlaken verglichen. Rodriguez ist ein Freund derb-grobschlächtiger Bilder, die keinen Zweifel über Intentionen aufkommen lassen. Er zeigt Bürgerwehrfanatiker wie Von (die nächste Gegenbesetzung: Don Johnson), die an der Grenze mit dem Pickup Jagd auf hilflose Flüchtlinge machen. Man könnte dies Kenntlichmachung durch Übertreibung nennen - eine Strategie, die schon Joe Dante mit etwas anderen Mitteln in The Second Civil War verfolgt hat.

Die richtige Haltung wird in Machete hingegen mit ostentativer Coolness verkörpert - man redet nicht lange mit schönen Worten um den Brei herum, sondern schreitet zur Tat. Kopf um Kopf muss fallen. Machete, zunächst Opfer eines Komplotts, kämpft sich seinen Weg wieder frei, einmal auch unter eindrucksvoller Zuhilfenahme der Gedärme eines Opfers. Dass seine einsame Schlacht zu einer kollektiven wird, ist die Sache zweier Frauen: Michelle Rodriguez als geheime Untergrundkämpferin She - was sich wie Che anhört - und eine von Jessica Alba gespielte Immigrationsbeamtin sind kokett aufgezwirbelte No-Nonsens-Fighter wie aus einem Exploitation-Drama von Stephanie Rothman.

Macht es sich Machete mit seiner popkulturellen Umkodierung von durch Gewalt bestimmten Verhältnissen zu einfach? Das ist die falsche Frage. Denn das Action-Kino arbeitete allzu oft einem Heroismus zu, der bloß auf die Wiederherstellung der bestehenden Ordnung hinauslief. Höchste Zeit also, dass es ein Film riskiert, die liebgewonnenen Mittel des Trash-Kinos aufleben zu lassen und dabei nicht nur dem Nihilismus zu frönen. Wie sagt der Held so schön: "Machete don't text, Machete improvises". (Dominik Kamalzadeh/ DER STANDARD, Printausgabe, 16.12.2010)