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Burhan Kuzu erhielt an die 200 Eier.

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Tränengas gegen Demonstranten.

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Machen Eier intelligent? Diese Frage hat Burhan Kuzu aufgeworfen, Abgeordneter der türkischen Regierungspartei AKP. An die 200 Eier soll Kuzu abbekommen haben, als er kürzlich versuchte, vor Studenten der Universität Ankara zu sprechen. "Wenn sie diese Eier gegessen hätten, wären ihre Hirne vielleicht gewachsen", sagte Kuzu, Vorsitzender der Verfassungskommission im türkischen Parlament, später wütend über die Studenten. Als er am vergangenen Wochenende auf einem Symposium an einer Istanbuler Universität auftrat, stand schon ein Sicherheitsmann mit Regenschirm bereit. Die zunehmenden Proteste einer kleinen, aber lautstarken Studentengruppe zerren an den Nerven der konservativ-muslimischen Regierung.

Begonnen hat alles im November mit der Verurteilung von 18 Studenten zu 15 Monaten Haft, weil sie den Besuch von Ministerpräsident Tayyip Erdogan an der Technischen Universität Istanbul (ITÜ) gestört hatten. Die linksgerichteten Studenten hatten Transparente ausgerollt, auf denen ironische Slogans standen wie "ITÜ Koranschule" und "Die große Invasion". Erdogan hat es ihnen nicht verziehen. Die Gefängnisstrafen wurden zur Bewährung ausgesetzt, was bedeutet, dass die Studenten rasch hinter Gitter kommen, sollten sie noch einmal unangenehm auffallen.

Die Studentenorganisation Ögrenci Kolektifleri ließ sich allerdings nicht einschüchtern. Haşim Kilic, der Präsident des türkischen Verfassungsgerichts, war der erste, der die Gegnerschaft der Studenten zu Regierung zu spüren bekam. Seine Rede Ende November an der Universität von Eskisehir wurde durch Eierwerfer gestört. Die ursprünglichen Forderungen der „Kolektifleri" sind mittlerweile in den Hintergrund getreten. Die linke Studentengruppe agitiert gegen die regierungstreue Hochschulbehörde YÖK, die zuletzt das Kopftuchverbot kippte, und verlangt Mitsprache in den Hochschulgremien. Doch jetzt geht es in der Öffentlichkeit nur mehr um die Frage, wo die Grenzen der Meinungsfreiheit in der türkischen Demokratie sind.

Denn zwischen den Eierwürfen auf Kilic und Kuzu kam es in Istanbul zu einem Protestmarsch mit einem tragischen Ausgang. Die Polizei prügelte eine angeblich genehmigte Studentendemonstration auf dem Weg zum Dolmabahce-Palast auseinander. Dort traf sich Erdogan mit Uni-Rektoren. 40 Demonstranten nahm die Polizei bei dem mit großer Härte geführten Einsatz fest, eine 19-jährige wurde von einem Beamten geschlagen und in den Bauch getreten, obwohl sie ihm zurief, sie sei schwanger. Die junge Frau verlor wenige Stunden später ihr Kind. Der Leiter der Hochschulbehörde nannte die Gewaltanwendung „unverhältnismäßig".

Erdogan ebenso wie Europastaatssekretär Egemen Bagis verteidigten dagegen den Polizeieinsatz mit dem Hinweis auf die öffentliche Sicherheit, und nutzten vor allem den Vorfall an der Universität Ankara, um die Studenten zu kritisieren. „Wenn ihr so viel Geld habt, dann macht euch ein Omelett und isst es", empfahl der Regierungschef. „Ihr werft Eier auf die Leute, die eure Lehrer sind", sagte Erdogan und meinte damit offenbar seinen AKP-Abgeordneten Kuzu. „Was für eine Art Freiheit ist das?" Schnell sind alle Seiten - Regierungschef, Studenten, der Generalsekretär der Oppositionspartei CHP, Süheyl Batum, der an der Uni Ankara ausgebuht worden war, - auch mit dem Begriff „Faschismus" bei der Hand, um sich gegenseitig der Intoleranz zu zeihen. Kuzu griff zudem den Dekan der renommierten politikwissenschaftlichen Fakultät der Universität Ankara an, weil dieser sich am Tag der Eierwürfe nicht blicken ließ. Das wurde als Signal für den bevorstehenden Austausch des Fakultätsleiters durch einen AKP-freundlichen Dekan verstanden.

Abgewogene Urteile kamen lediglich vom stellvertretenden Ministerpräsidenten Cemil Cicek und der Vorsitzenden der Arbeitgebervereinigung Tüsiad, Ümit Boyner. Cicek sprach von einem bedauerlichen Vorfall mit der schwangeren Studentin, der aufgeklärt werden müsse, und hielt die Studenten zu friedlichen Protesten an. Boyner meinte, die Türkei brauche junge kritische Geister, auch wenn sie die Eierwürfe inakzeptabel fand.