Für Wiedereinsteigerinnen und Personen mit Kinderbetreuungs- pflichten wie auch für behinderte Menschen und Pendler kann Telearbeit einen Erleichterung sein

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Morgens nach dem Frühstück zu Hause das Modem angeschlossen, Diensthandy daneben, den E-Mail-Postkasten geöffnet - und schon ist man am Arbeitsplatz. Kein Stau, kein Warten, keine Kosten.

Das Interesse an der Arbeit von zu Hause aus ist in Österreich groß; der Anteil der TeleheimarbeiterInnen ist laut Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Spectra in den letzten fünf Jahren stark gestiegen:

Demnach waren 2002 zwölf Prozent der heimischen Erwerbsbevölkerung entweder selbst als TelearbeiterInnen beschäftigt oder sie kennen jemanden, der damit sein Geld verdient. 1997 waren dies nur acht Prozent.

Weitere Steigerung erwartet

Und: "In den nächsten Jahren erwarten wir eine weitere Steigerung auf insgesamt 15 Prozent", so Herbert Böhm, Vorstandsmitglied des AMS Österreich, anlässlich einer kürzlich veranstalteten Enquete zum Thema "Work@home - was bringt und kostet Telearbeit?".

Noch mangelt es aber am Angebot: Offeriert wird Telearbeit vor allem von großen Unternehmen wie Banken und Versicherungen mit Mitarbeitern im Außendienst sowie im Telekom- und IT-Sektor. Sie sehen die Vorteile vor allem in der Zeit- und Kostenersparnis und dem flexiblen Einsatz von Mitarbeitern. Als Nachteile werden Kommunikationsprobleme, mangelnde Datensicherheit und hoher Aufwand genannt.

Stärkere Flexibilität

Zeitliche und örtliche Flexibilität sind auch Hauptargumente von Arbeitnehmern. Wiedereinsteigerinnen und Personen mit Kinderbetreuungspflichten hätten es leichter, Familie und Beruf zu kombinieren, sagt Böhm. Behinderte Menschen oder BewohnerInnen ländlicher Regionen könnten so besser in das Erwerbsleben integriert werden.

"Wichtige Voraussetzung für den Ausbau der Telearbeit ist allerdings eine großflächigere Versorgung der Bevölkerung mit Breitband-Internetanschlüssen", so Helmut Leopold, Produktleiter der Telekom Austria. Derzeit hätten 80 Prozent aller heimischen Haushalte theoretisch Zugang zur Breitbandtechnik, der Ausbau der letzten 20 Prozent wäre jedoch äußerst kostenintensiv, öffentliche Förderungen hier wünschenswert.

Einig waren sich die Referenten darüber, dass sich bei Telearbeit die Arbeitsstrukturen verändern: Nicht mehr die Arbeitszeit, sondern das Ergebnis stehe im Vordergrund. Gefragt seien deshalb Personen mit guter Selbstorganisation, Kommunikationsfähigkeit und hoher Eigenverantwortlichkeit.

Arbeitsrechtliche Risiken

Neben all den Chancen dürfe man aber auch die Risiken der Telearbeit nicht übersehen, warnt AK-Vizepräsident Alfred Gajdosik. Als wesentlichstes Problem sieht er derzeit die arbeitsrechtliche Stellung und geringe soziale Absicherung von TelearbeiterInnen: "Sie sollten anderen rechtlich vollkommen gleichgestellt werden - das ist einfach eine Frage der Fairness."

Kritische ArbeitnehmerInnen fürchten vor allem Einsamkeit und Isolation am Heimarbeitsplatz. Stressfaktoren sieht auch Arbeitsmedizinerin Maria Baniadam: "Die ständige Nähe zur Arbeit birgt die Gefahr, dass sie in das Privatleben hineinwuchert, was zu familiären Konflikten und psychischen wie gesundheitlichen Belastungen führen kann." Bei Frauen mit Kleinkindern münde die erwartete Entlastung auch oft in eine "Dreifachbelastung", Arbeit - Haushalt - Kinder, und in Nachtarbeit. Ratsam, so Baniadam, sei, alternierend von daheim und im Büro zu arbeiten - um die "Nabelschnur" zum Unternehmen nicht zu verlieren, und bei Qualifizierung und Aufstieg nicht ins Abseits zu geraten. (Isabella Lechner, DER STANDARD, Printausgabe, 3./4.5.2003)