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"A Star Is Born!", jubelte die englische Modezeitschrift "Elle", als in den Schaufenstern des feinen Londoner Kaufhauses Harvey Nichols als einzigem Geschäft in Europa die Frühjahrsmode des erst 22-jährigen amerikanischen Designers Zac Posen Premiere feierte. Eleganz und Glamour attestiert man ihr. Und jene Bewunderung für den weiblichen Körper, wie man sie seit den Tagen des legendären Azzedine Alaia, des Kult-Couturiers der Achtzigerjahre, nicht mehr gesehen hat.

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"Überraschend und very sophisticated", findet man seine Schnitte und vergleicht sie mit den spektakulären Roben von Jeanne Paquin und Jacques Doucet, die derzeit in der viel beachteten Art-déco-Ausstellung im Victoria & Albert Museum zu bewundern sind. "Ich wollte der Mode nur ihre Magie wiedergeben", bemerkt Zac Posen dazu fast bescheiden. Jedenfalls ist New Yorks "hottest kid on the block" der Sprung über den Großen Teich und ins alte Europa beeindruckend geglückt.

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Sein Ruf war ihm längst vorausgeeilt, das Interesse entsprechend groß. Schließlich hatten viele gute Feen diese Sommerkollektion - seine zweite überhaupt - begleitet. Naomi Campbell und die Topmodels Kirsten Owen und Sophie Dahl hatten sie vorgeführt, die Hollywood-Aktricen Juliane Moore und Chloé Sevigny die erste Reihe geschmückt. Künstler-Ehefrau Julia Schnabel - ihre Tochter Stella ist Posens Muse - hat gratuliert und auch Barbara Bush, die Tochter des Präsidenten. Die Musik fürs Defilee hatte der Schlagzeuger der Red Hot Chili Peppers komponiert, der Poet René Ricard hatte den Pressetext geschrieben. Und Stéphane Sednaoui, der für die Videos von Björk und Madonna verantwortlich zeichnet, drehte den Film zur Kollektion.

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Aber erst der Auftritt von "Star Wars"-Star Natalie Portman in einem Kleid von Posen bei den New Yorker Fashion Awards hatte den Darling der amerikanischen Moderedakteurinnen über die siebente Fashion Avenue hinaus berühmt gemacht. Sie trug seinen aquamarinblauen Plisseetraum, dem eine weiße Schneppentaille die Majestät spanischer Hofmoden verlieh. "Frauen mit starkem Charakter haben mich stets fasziniert", gesteht "The Boy Of The Moment", wie ihn die amerikanische Vogue tituliert. "Deshalb habe ich meine diesjährige Sommerkollektion der geheimnisvollen Zauberin Circe aus den Abenteuern des Odysseus gewidmet!"

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Ohne Adrian allerdings hätte er sie gar nicht erst entwerfen können, flüsterten die bösen Zungen der Branche. Damit ist kein Freund oder Kollege gemeint, sondern der in Vergessenheit geratene Kostümbildner von MGM, Hollywoods berühmtester Filmgesellschaft. Ohne Adrian Adolph Greenburg, wie er mit vollem Namen hieß, weigerte sich einst die Garbo, überhaupt einen Film zu drehen. Er entwarf für Katherine Hepburn, Lana Turner und Hedy Lamarr und schrieb Modegeschichte, als er Joan Crawfords breite Schultern mit Rüschen und Polstern zu kaschieren suchte. Denn das weiße Mousselinekleid, das sie 1932 in "Letty Lyndton" trug und dessen Schnitt Macy's, New Yorks größtes Kaufhaus, erwarb, verkaufte sich als Kopie 500.000-mal. 1941 verließ Adrian Hollywood, um in New York Couture zu entwerfen.

Adrians Entwürfe wurden im Frühjahr vergangenen Jahres im Costume Institute des New Yorker Metropolitan Museum of Art ausgestellt. Natürlich hatte sie Zac Posen gesehen. Denn er bewundert Adrian, seitdem er 1998 einen Job in der Bibliothek des Instituts hatte. Er begeisterte sich für dessen Schnitttechnik und den unbemühten Glamour, der seinen Entwürfen innewohnt. Beides inspirierte auch seine Abschlusskollektion an der Central St. Martin's School in London, der Kaderschmiede für Talente vom Kaliber eines John Galliano oder eines Alexander McQueen.

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Posen verbrachte dort keine zwei Jahre und kehrte im Juni 2001 nach New York zurück. Die Sehnsucht hatte ihn getrieben. In Sotto, im Loft seiner Eltern - der Vater Stephen ist Maler, die Mutter Susan Rechtsanwältin - richtete er sich ein erstes Atelier ein. Im Februar 2002 schließlich zeigte er die erste Kollektion. "Glamour is back", titelten die Gazetten, "Wunderkind", meinte die amerikanische Vogue. Für sie war Zac Posen der erste Designer, der den Spirit des Art déco, des Designs aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, für sich entdeckte und nutzte.

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Nun, rechtzeitig zur Londoner Ausstellung, entdeckt das auch die restliche Branche. John Galliano verknüpfte die Cabaret-Years der Roaring Twenties mit Inspirationen aus den Achtzigerjahren. Donna Karan ließ ihre Rocksäume zum Sound der Forties-Bigbands schwingen. Und Zac Posen forderte, dass wieder Couture-Niveau in den Kollektionen herrschen solle. "Unter Verwendung bestmöglicher Materialien."

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Ob sich Zac Posen halten kann, bleibt abzuwarten. Zwar wurde auch seine im Februar gezeigte Winterkollektion hochgelobt, trotzdem ist die New Yorker Szene dafür berüchtigt, dass sie mit Begeisterung Talente hochjubelt, um sie genauso schnell wieder fallen zu lassen. Wo sind heute Isaac Mizrahi, Todd Oldham oder Stephen Sprouse? Vergessen? Vielleicht - aber wenigstens haben sie, um es mit Andy Warhol auszudrücken, für eine Viertelstunde ihren Platz an der Sonne gehabt! (DER STANDARD/rondo/02/05/03)

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