Parlamentsbesucher lehnen den Sparkurs der Regierung ab.

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Auch wenn die Regierung für ihr Sparbudget viel gescholten wurde: Die Wirtschaftsforscher fällen ein nicht ganz so hartes Urteil. Kurzfristig sei es gelungen, die Finanzmärkte zu beruhigen, was angesichts der Debatten um Portugal, Irland und Co schon etwas wert sei, meinte IHS-Chef Bernhard Felderer am Dienstag. Sein Institut hat errechnet, welche kurz- und langfristigen Folgen mit dem Budget verbunden sind. Das Ergebnis: Wegen der Kürzungen und Steuererhöhungen - bis 2014 sind es fast 15 Milliarden Euro - wird das Wachstum zunächst gedämpft. 2011 fällt es um rund 0,12 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) geringer aus, 2014 werden es dann 0,3 Prozent des BIPs sein. Gleichzeitig führt der Sparkurs dazu, dass die Arbeitslosigkeit geringfügig steigt - um 0, 05 bis 0,1 Prozent in den nächsten Jahren.

Ausgewogene Belastung

Längerfristig wirkt sich der Sparkurs aber durchaus positiv aus. Ab 2016 fällt das Wachstum höher aus, als es ohne Sparbudget der Fall wäre. Am Anfang sind es nur rund 0,1 Prozent, bis ins Jahr 2060 steigt das Plus aber auf rund 1,5 Prozent des BIPs. Auch die Arbeitslosenzahl fällt langfristig geringer aus als ohne Spardiktat.

In Summe ist das Budget 2011 für Felderer ausgewogen, alle Gruppen seien halbwegs gleichmäßig belastet worden. Dass es die Familien relativ stark erwischt habe, könne man insofern argumentieren, als Österreich mehr Sach- und weniger Geldleistungen brauche. Der Handlungsbedarf sei aber nach wie vor groß - vor allem in den Bereichen Pflege, Gesundheit und Schule. Vom Maastricht-Ziel einer Staatsverschuldung von maximal 60 Prozent des BIPs sei man weit entfernt. Ohne weitere Einsparungen werde man dieses Ziel auch 2050 noch nicht erreichen. Es sei nötig, die jährlichen Defizite auf höchstens ein Prozent zu reduzieren.

In dieselbe Kerbe schlägt Wifo-Expertin Margit Schratzenstaller. Strukturelle Reformen gebe es bis jetzt nicht. Die Zeit bis zur Erstellung des nächsten Finanzrahmens im Frühjahr müsse genutzt werden. Insbesondere müsse man die großen Kostentreiber - etwa das Pensionssystem, den Gesundheitssektor und die ausgelagerten Schulden von ÖBB und Asfinag - in den Griff bekommen. (go, DER STANDARD, Printausgabe, 1.12.2010)