Guido Gluschitsch begleitete das Alpen-Team bei der BMW GS-Trophy
2010 in Südafrika. Tag zwei der knochenharten Tour ist feucht und anstrengend.
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Die Zeitverschiebung macht mir komischerweise gar nichts aus. Gut, rein
vom Globus aus gesehen, ist zwischen Südafrika und Österreich nur eine
Stunde um. In der Welt von GS Trophy-Mastermind Tomm Wolf rennt aber
eine ganz andere Uhr. Da stimmt die Zeit um ein paar Stunden nicht.
Tagwache ist um halb sechs in der Früh – jeden Tag. Um sieben,
allerspätestens acht Uhr, sitzen wir schon auf den Motorrädern.
Weil
aber gestern alle so fertig waren, dass sie sich schon um neun Uhr am
Abend den Schlafsack um die Ohren gewickelt haben, ist der Weckruf eine
Fleißaufgabe. Na gut, die Spanier brauchen ihn schon. Und die raunzen
auch recht laut, als die Wecksirene losgeht.
Die gestrige Etappe ging anscheinend nicht nur mir in die Knochen. Dabei
wird sie eine der leichtesten der ganzen GS Trophy sein. Insgesamt
werden wir rund 2000 Kilometer, fast nur offroad zurücklegen. Heute
wartet eine fast 300 Kilometer lange Etappe auf uns. Und vier
Sonderprüfungen, wobei aber nur drei in die Wertung eingehen. Ins
Swasiland einzureisen, wird Stunden dauern und ist mindestens so
schwierig wie die anderen Sektionen. Aber es bringt keine Punkte.
Anders das Traktor-Rennen auf Jan Randell‘s Ranch. Die Farm erreichen
wir noch am Vormittag. Jan hat vor seinem Haus drei alte BMW-Motorräder
aufgestellt. Die aus den 1960er-Jahren kickt er an, bevor man überhaupt
fragen kann, ob sie noch rennt.
Anstarten ist überhaupt Jan Randells
große Leidenschaft. Auf seiner Farm hat er weit über hundert Traktoren
in einem Museum zusammengestellt, die er nach Belieben anstartet und
wieder abstellt. Darunter Landmaschinen von John Deere, Case, Allis
Chalmers, aber auch Ford, Steyr, MAN, Hanomag, Deutz und Porsche.
Der kleine Porsche aus 1957 ist Hauptakteur der ersten Sonderprüfung des
Tages. Nicht aber die 26 PS, die er leistet. Den Antrieb gewinnt der
Porsche nämlich durch die drei Fahrer eines jeden Teams. Sie müssen den
Traktor über einen kurzen Rundkurs ziehen. Ich helfe dem Alpen-Team
natürlich gerne und setze mich hinters Lenkrad. Lenken, bremsen und
anfeuern ist enorm wichtig, bei dem Wettkampf.
Allzu gut rennt es für uns aber nicht. Bernhard, der einzige
Österreicher bei der GS Trophy, muss die Gurte befestigen. Mit der BMW
über den Traktor zu fahren, wäre für ihn die leichteste Übung gewesen,
so wie der 23-jährige Wiener fährt. Das Einfädeln des Gurtes in die
Traktor-Öse fällt ihm da viel schwerer. Er verschenkt wertvolle Sekunden
und stolpert beim Ziehen immer wieder über seine eigenen Beine. Aber
Motorrad fahren wie ein junger Gott...
Bei der nächsten Prüfung müssen wir wie ein moderner Sisyphus einen
riesigen Traktorreifen durch eine Pylonenstraße schieben. Aber auch da
schaffen wir keine Bestzeit und patzen, weil eines der Huterln einfach
nicht ausweichen will.
Schon in Swasiland müssen die Teams durch ein Schlammloch. Als ob es
nicht reichen würde, dass die Straßen dort noch schlechter sind als jene
in Südafrika, haben sich die Marschalls auf die Suche nach einem
riesigen Drecksloch gemacht.
Bernhard kann seine Patzer vom Vormittag wieder ausbessern und fliegt
regelrecht über den Schlamm. Christoph fährt zwar wie Bernhard auch viel
Trial, trotzdem vergräbt er sein Vorderrad im Morast. Gleich neben
Johannes kommt er zum Stehen. In den Augen der Marschalls kann man
direkt die Genugtuung sehen, die sich breit macht, weil jetzt doch noch
wem der Dreck oben bei den Stiefeln reinrinnt.
Das schönste Theater der Sonderprüfung liefern aber die Japaner. Sie
sind dem Hindernis nicht im Ansatz gewachsen. Sie panieren sich
gegenseitig so mit Dreck, dass die Marschalls nach einer halben Ewigkeit
abbrechen und dem Team helfen, die Bikes wieder auf die Räder zu
stellen. Die Japaner sind sichtlich das Team, das sich am schwersten tut
– dafür erobern sie die Herzen aller Teilnehmer im Sturm.
Bei der letzten Sonderprüfung werden die BMWs wieder gereinigt. Aber
nicht mit Schlauch und Wasser an einem Waschplatz. Eine Flussdurchfahrt
erledigt das genauso gut. Außerdem werden dabei auch gleich die Stiefel
wieder sauber. Außen wie innen. Denn der Wasserstand reicht aus, dass
jeder nasse Füße bekommt.
Aber die Strapazen sind vergessen, als wir am Abend im Mlilwane Game
Reserve ankommen und uns ein paar Zebras zuschauen, wie wir unsere Zelte
aufstellen. Erst als wir die triefenden Schuhe ausziehen, ergreifen sie
die Flucht. Ob sie später noch einmal kommen, weiß niemand, denn gegen
21 Uhr schläft die ganze Partie schon wieder. Die Engländer, welche die
Tageswertung für sich entscheiden konnten, genauso wie die Japaner, die
wieder das Schlusslicht bilden – und für Blaulicht sorgen: Ein Fahrer
aus dem Team Japan stürzt am Nachmittag und bricht sich zwei Knochen im
Fuß.
Das Alps-Team wird wieder Vorletzter. In der Gesamtwertung fehlen uns
drei Punkte auf die Italiener. Die feschen Südländer sind inzwischen
komplett zerstritten und unterhalten das ganze Fahrerlager mit ihrem
Gezicke, gegen das ein unglaublich lautes Naturkonzert von Vögeln und
Insekten ankämpft.