Guido Gluschitsch begleitete das Alpen-Team bei der BMW GS-Trophy 2010 in Südafrika. Tag zwei der knochenharten Tour ist feucht und anstrengend.

-> derStandard.at/AutoMobil auf Facebook.

Die Zeitverschiebung macht mir komischerweise gar nichts aus. Gut, rein vom Globus aus gesehen, ist zwischen Südafrika und Österreich nur eine Stunde um. In der Welt von GS Trophy-Mastermind Tomm Wolf rennt aber eine ganz andere Uhr. Da stimmt die Zeit um ein paar Stunden nicht. Tagwache ist um halb sechs in der Früh – jeden Tag. Um sieben, allerspätestens acht Uhr, sitzen wir schon auf den Motorrädern.

Foto: Guido Gluschitsch

Weil aber gestern alle so fertig waren, dass sie sich schon um neun Uhr am Abend den Schlafsack um die Ohren gewickelt haben, ist der Weckruf eine Fleißaufgabe. Na gut, die Spanier brauchen ihn schon. Und die raunzen auch recht laut, als die Wecksirene losgeht.

Foto: Guido Gluschitsch

Die gestrige Etappe ging anscheinend nicht nur mir in die Knochen. Dabei wird sie eine der leichtesten der ganzen GS Trophy sein. Insgesamt werden wir rund 2000 Kilometer, fast nur offroad zurücklegen. Heute wartet eine fast 300 Kilometer lange Etappe auf uns. Und vier Sonderprüfungen, wobei aber nur drei in die Wertung eingehen. Ins Swasiland einzureisen, wird Stunden dauern und ist mindestens so schwierig wie die anderen Sektionen. Aber es bringt keine Punkte.

Foto: Guido Gluschitsch

Anders das Traktor-Rennen auf Jan Randell‘s Ranch. Die Farm erreichen wir noch am Vormittag. Jan hat vor seinem Haus drei alte BMW-Motorräder aufgestellt. Die aus den 1960er-Jahren kickt er an, bevor man überhaupt fragen kann, ob sie noch rennt.

Foto: Guido Gluschitsch

Anstarten ist überhaupt Jan Randells große Leidenschaft. Auf seiner Farm hat er weit über hundert Traktoren in einem Museum zusammengestellt, die er nach Belieben anstartet und wieder abstellt. Darunter Landmaschinen von John Deere, Case, Allis Chalmers, aber auch Ford, Steyr, MAN, Hanomag, Deutz und Porsche.

Foto: Guido Gluschitsch

Der kleine Porsche aus 1957 ist Hauptakteur der ersten Sonderprüfung des Tages. Nicht aber die 26 PS, die er leistet. Den Antrieb gewinnt der Porsche nämlich durch die drei Fahrer eines jeden Teams. Sie müssen den Traktor über einen kurzen Rundkurs ziehen. Ich helfe dem Alpen-Team natürlich gerne und setze mich hinters Lenkrad. Lenken, bremsen und anfeuern ist enorm wichtig, bei dem Wettkampf.

Foto: Guido Gluschitsch

Allzu gut rennt es für uns aber nicht. Bernhard, der einzige Österreicher bei der GS Trophy, muss die Gurte befestigen. Mit der BMW über den Traktor zu fahren, wäre für ihn die leichteste Übung gewesen, so wie der 23-jährige Wiener fährt. Das Einfädeln des Gurtes in die Traktor-Öse fällt ihm da viel schwerer. Er verschenkt wertvolle Sekunden und stolpert beim Ziehen immer wieder über seine eigenen Beine. Aber Motorrad fahren wie ein junger Gott...

Foto: Guido Gluschitsch

Bei der nächsten Prüfung müssen wir wie ein moderner Sisyphus einen riesigen Traktorreifen durch eine Pylonenstraße schieben. Aber auch da schaffen wir keine Bestzeit und patzen, weil eines der Huterln einfach nicht ausweichen will.

Foto: Guido Gluschitsch

Schon in Swasiland müssen die Teams durch ein Schlammloch. Als ob es nicht reichen würde, dass die Straßen dort noch schlechter sind als jene in Südafrika, haben sich die Marschalls auf die Suche nach einem riesigen Drecksloch gemacht.

Foto: Guido Gluschitsch

Bernhard kann seine Patzer vom Vormittag wieder ausbessern und fliegt regelrecht über den Schlamm. Christoph fährt zwar wie Bernhard auch viel Trial, trotzdem vergräbt er sein Vorderrad im Morast. Gleich neben Johannes kommt er zum Stehen. In den Augen der Marschalls kann man direkt die Genugtuung sehen, die sich breit macht, weil jetzt doch noch wem der Dreck oben bei den Stiefeln reinrinnt.

Foto: Guido Gluschitsch

Das schönste Theater der Sonderprüfung liefern aber die Japaner. Sie sind dem Hindernis nicht im Ansatz gewachsen. Sie panieren sich gegenseitig so mit Dreck, dass die Marschalls nach einer halben Ewigkeit abbrechen und dem Team helfen, die Bikes wieder auf die Räder zu stellen. Die Japaner sind sichtlich das Team, das sich am schwersten tut – dafür erobern sie die Herzen aller Teilnehmer im Sturm.

Foto: Guido Gluschitsch

Bei der letzten Sonderprüfung werden die BMWs wieder gereinigt. Aber nicht mit Schlauch und Wasser an einem Waschplatz. Eine Flussdurchfahrt erledigt das genauso gut. Außerdem werden dabei auch gleich die Stiefel wieder sauber. Außen wie innen. Denn der Wasserstand reicht aus, dass jeder nasse Füße bekommt.

Foto: Guido Gluschitsch

Aber die Strapazen sind vergessen, als wir am Abend im Mlilwane Game Reserve ankommen und uns ein paar Zebras zuschauen, wie wir unsere Zelte aufstellen. Erst als wir die triefenden Schuhe ausziehen, ergreifen sie die Flucht. Ob sie später noch einmal kommen, weiß niemand, denn gegen 21 Uhr schläft die ganze Partie schon wieder. Die Engländer, welche die Tageswertung für sich entscheiden konnten, genauso wie die Japaner, die wieder das Schlusslicht bilden – und für Blaulicht sorgen: Ein Fahrer aus dem Team Japan stürzt am Nachmittag und bricht sich zwei Knochen im Fuß.

Foto: Jonathan Beck

Das Alps-Team wird wieder Vorletzter. In der Gesamtwertung fehlen uns drei Punkte auf die Italiener. Die feschen Südländer sind inzwischen komplett zerstritten und unterhalten das ganze Fahrerlager mit ihrem Gezicke, gegen das ein unglaublich lautes Naturkonzert von Vögeln und Insekten ankämpft.

Foto: Guido Gluschitsch