Schaufenster des Kleiderhauses "Verena" in der Wiener Laxenburgerstraße (1998).

 

 

Foto: Wien Museum / Trude Lucacsek

Lange vor dem Einzug des Fernsehers ins Wohnzimmer war das Schaufenster das Medium für Alltagsträume. Bis heute fungiert es als eine Art Verpackung des Geschäfts, als stiller Verkäufer, der eine Beziehung zwischen Schauendem und Objekt schafft, die nicht selten eine sehnsüchtige wird. Mit den ersten Schaufenstern - erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts war die Herstellung großflächiger Glasscheiben möglich - kam auch eine neue Freizeitbeschäftigung auf: das Window Shopping, zu Deutsch Schaufensterbummel.

Window Shopping - eine Fotogeschichte des Schaufensters nennt sich auch eine Ausstellung im Wien-Museum Karlsplatz, die soeben im Rahmen von Eyes On - Monat der Fotografie Wien eröffnet wurde. Die Schau widmet sich einer Fläche, die wesentlich zum Antlitz der modernen Stadt beiträgt und von Dekorateuren auf mannigfaltigste Weise inszeniert wird, um in den Passanten schlummernde Wünsche direkt beim Schlawittel zu packen.

Gezeigt werden bisher noch nie präsentierte dokumentarische Aufnahmen aus der Sammlung des Wien- Museums ebenso wie Arbeiten aus dem Bereich der künstlerischen Fotografie. Darunter zu finden sind u. a. Arbeiten von August Stauda, Emil Mayer, Franz Hubmann, Didi Sattmann oder Trude Lukacsek. Letztere interessiert sich seit den 1980er-Jahren vor allem für jene Geschäfte, die im Verschwinden begriffen sind. Zu sehen sind aber auch Nachtansichten von Palmers-Auslagen aus den 1950er-Jahren, Auslagen von Herzmansky oder Gerngross sowie Schaufensterzeitschriften und Fotobildbände.

Die Schau erinnert aber noch an etwas anderes: Auch wenn der Einzelhandel die Konkurrenz des Online-Shoppings fürchten muss, die Nase drückt man sich noch immer lieber am Schaufenster als am Computerbildschirm platt. (Michael Hausenblas/ DER STANDARD, Printausgabe, 26.11.2010)