Man kann ja der Meinung sein, dass formale Qualifikationen nicht gar so wichtig seien und Arbeitnehmer nicht nach ihren Zeugnissen, sondern nach ihrem Marktwert oder einfach nach Gutdünken des Chefs höher als im Kollektivvertrag einzustufen wären. Das Prinzip mag in der Privatwirtschaft angehen.

Im öffentlichen Dienst aber gibt es strenge Regeln: Da ist jeder Arbeitsplatz nach seinen Anforderungen beschrieben - Akademikerarbeitsplätze sind eben Akademikern vorbehalten. Was aber nicht heißt, dass sich jeder Akademiker darum bewerben dürfte. Das gilt beim Bundesheer schon seit der Aufwertung der Theresianischen Militärakademie zur Fachhochschule für militärische Führung: Die Absolventen dürfen sich zwar "Mag. (FH)" nennen - nur wird im Bundesheer das vom Bundesheer organisierte Studium nicht für einen A-Posten anerkannt.

Dieses absurde Prinzip will die Beamtenministerin nun auf den gesamten öffentlichen Dienst ausdehnen: Einerseits schafft der Staat die dreistufige akademische Ausbildung - ziert sich aber andererseits selber, das Bakkalaureat als Qualifikation für Akademikerarbeitsplätze anzuerkennen. Das ist demotivierend, weil bei vielen Studien überhaupt nur noch der Bachelor-Titel vorgesehen ist. Und es ist auch unsinnig: Schließlich ist auch mit einem Magister- oder Doktortitel kein Anspruch auf einen Akademikerposten verbunden. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Printausgabe, 23.11.2010)