Landkarten als Körpertopografien von Elisabeth Schafzahl in der Ausstellung "Unortnung VI".

Foto: Feßler

Wien - Der Sektempfang dieser Vernissage ist anders: Der Blubber ist frisch dem Regal daneben entnommen und rinnt aus Pappe statt aus Kristall. Vorm Ausströmen in die Ausstellung in einem gerne großen Kaufhaus, geht's zur Kassa. Bis zu diesem Zeitpunkt vermeldet die Eröffnung von Aufstand der Zeichen keine Zwischenfälle. Schattenwerfende Playmobilfiguren (Manuel Exposito) bringen allerdings wenig später Security-Gemüter in Wallung.

Der lebendige Weihnachtsbaum (Flora Watzal) wurde abgeführt, kann sich aber durch das Wörtchen Kunstaktion wieder ins Spiel bringen. Subtil nutzt Michaela Schwendtner DVD-Player für ihre Filmvorführungen, Mirjam Bajtala stellt ein Paar Füße in der Umkleide ab, Hilde Fuchs löchert Kunden ausdauernd über ihre Religion, Golda Osten liest Dostojewski. Six/Petritsch quetschen sich in eine Ein-Personen-Sauna, die sie als Raum für 3 gemeinsam handelnde Personen ausweisen. Das Personal lacht. - Ein geglückter Feldversuch zu parasitären Ausstellungsformen (initiiert von Oliver Hangl, k48). Die Inhaltlichkeit der Kunst tritt jedoch hinter dem Ereignis zurück und wirft die alte Frage auf, was Kunst im Alltag als solche ausweist?

Im sechsten und letzten Teil der Ausstellungsreihe Unortnung (kuratiert von Veronika Barnas/ Elke Krasny) wird hingegen mit dem Etikett Kunst operiert, obwohl kunstfremde, aber leerstehende Orte (heuer das ehemalige Kartographische Institut) bespielt werden. Offensichtlich sind manche Arbeiten dennoch nicht, operieren bisweilen mit Aspekten von Beiläufigkeit und Verwechslung. Sehr gelungen etwa beim Duo Tinzl/Flunger, die sich formal auf ein Messingschild mit den Höhenangaben des Instituts beziehen: 200,272 Meter über der Adria. Der präzisen Sprache der Vermessung setzen sie Grenzen, indem sie ihre Codes nutzen, um die diffusen Schicksale von Migranten zu dokumentieren, die bei der Flucht umkamen.

Überzeugend auch die in Interviews verfolgten Expeditionsrouten, etwa 1886 nach Afrika (Hieslmair/Zinganel) oder der Territorien-Verkauf Ronja Vogels, die damit auf zweifelhafte Praxen der Landnahme in Afrika hinweist. (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21.11.2010)