Über Bücher reden - und lesen: Eröffnungsredner Christian Ankowitsch und Donna Leon kurz vor der Eröffnung.

 

Foto: STANDARD / Christian Fischer

Wien - Vielleicht war es kein allzu gutes Zeichen, dass die Eröffnung der dritten Buch Wien am Mittwochabend in der Halle D des Messezentrums mit 25 Minuten Verspätung begann. Denn Wien ist mit seiner aus der Wiener Buchwoche im Rathaus hervorgegangenen Buchmesse relativ spät dran, nicht nur terminlich (gegen Ende des Jahres), sondern auch als "Marke" - denn die zweite kleine Schwester der Frankfurter und Leipziger Messen, die Buch Basel, erblickte 2007, ein Jahr vor Wien, das Licht der Welt und findet zudem eine Woche vor der hiesigen Messe statt. Das stellt manche, vor allem kleine Verlage sowie das Fachpublikum vor die Frage "Wien oder Basel?" und wo sie nun präsent sein möchten. Denn das Ganze ist für die Aussteller - die Standpreise in Wien liegen nicht viel unter jenen Frankfurts und ein wenig über Basel - auch eine Kostenfrage.

Um das Zuspätkommen ging es auch in Christian Ankowitschs Eröffnungsrede "Inglourious Basterds oder Ein paar Gedanken über das Schreiben und Publizieren in Zeiten des Internet". So wies der in Berlin lebende österreichische Autor und Journalist auf Versäumnisse der Medienbranche, die ihre Erzeugnisse immer schon unter Wert verkauft habe und sie nun im Internet verschenke, hin, um seiner Hoffnung Ausdruck zu geben, dass Verlage diesen Fehler nicht machen werden. Allerdings ging Ankowitschs essayistische Rede zunehmend im Getöse des Eröffnungsbuffets, das schon in vollem Gange war, unter.

Für die Eröffnung mit einigen hundert Gästen hätte man sich etwas mehr Wertschätzung erwartet, ein erster Rundgang durch die Messe stimmte dann versöhnlicher. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren scheint die Halle liebevoller ausgestattet, die Aufteilung ist klarer, übersichtlicher und der Platz für das Kinderbuch samt Lesezelt großzügiger bemessen - und viele jener Verlage, die in den letzten Jahren mit Kritik an der Messe nicht sparten, sind wieder mit von der Partie. Nicht das schlechteste Zeichen.

Die von 300 Lesungen der gleichzeitig stattfindenden Lesefestwoche flankierte Buch Wien vereint seit jeher verschiedenste Literatursparten unter ihrem Dach, zum Teil auch Gegensätzliche. So finden sich Stände mit Büchern über Brustvergrößerung neben Verlagen mit hochklassigen Kunstbänden, es gibt eine "Themenwelt Kochen" und irgendwo grüßt "Captain Energy" vom Wienstrom-Stand, Hörbücher sind relativ präsent, und der E-Media Stand mit elektronischen Büchern ist ungefähr halb so groß wie der Auftritt des Königreichs Saudi-Arabien. Ganz bewusst will die Wiener Messe eine für ein breites Publikum offene Veranstaltung sein. Mit dem heuer auf sieben Euro reduzierten Eintrittspreis erwartet man bis zu einem Drittel mehr Besucher als im Vorjahr. Die Prognose könnte stimmen, der Besucherandrang am ersten Tag war deutlich höher als 2009. (Stefan Gmünder/ DER STANDARD, Printausgabe, 19. 11. 2010)