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Für den Kiefer bedeutet Erschütterung oft Zahnverlust

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Ausgeschlagene Zähne wachsen am ehesten bei Kindern wieder an

Es ist ein furchtbares Geräusch und mit einer schmerzvollen Erfahrung verbunden: ein ausgeschlagener Zahn ist das Brutalste, was dem Kiefer passieren kann. Prädestiniert für solche Unfälle sind berufsbedingt nicht nur die Boxer, die sich zu schützen wissen. Fahrradunfälle in der Stadt oder am Berg oder Unfälle am Spielplatz und in der Schule sind die häufigsten Ursachen für die Traumata im Mund.

Retten lassen sich die ausgeschlagenen Zähne nur unter bestimmten Voraussetzungen. "Einerseits muss der Zahn unbeschädigt sein und andererseits darf das Zahnfach im Kieferknochen durch Brüche nicht zerstört sein", erklärt Josef Piribauer, Ärztlicher Leiter der Dentalklinik Margareten in Wien. Die Alveole - dort wo der Zahn im Kiefer steckt - ist die natürliche, gesunde Umgebung zur Wiedereinbettung. Ihre Unversehrtheit bietet die Chance, dass die eigenen Zähne wieder anwachsen.

Richtige Aufbewahrung

Das Um und Auf ist die fachgerechte Aufbewahrung der Beißwerkzeuge, denn die Zahnfasern am Zahn müssen geschont werden. Abschrubben oder Bürsten ist also Tabu. Vermieden werden sollte auch der Kontakt mit aggressiven Desinfektionsmitteln. "Die Zähne sollten so schnell wie möglich befeuchtet werden; in einem nassen Taschentuch oder in einem Plastiksackerl mit ein wenig Wasser gefüllt, so ist ein schonender Transport gesichert", weiß der Mediziner. In der Literatur sei auch Milch als Aufbewahrungsmedium beschrieben, eine Kochsalzlösung ist das Optimum. Der Zahn darf auf keinen Fall austrocknen. Eine gute Alternative sind die so genannten Rettungsboxen aus der Apotheke. "Schulen, Kindergärten und Schwimmbäder sollten damit standardmäßig ausgerüstet sein", empfiehlt Piribauer. Der Transport im Mund ist nur Erwachsenen zu raten, denn sind die Zähne erst einmal verschluckt, ist jede Rettung unmöglich.

Zeitfaktor

Danach sollte so schnell wie möglich ein Arzt aufgesucht werden. Nur wenige Stunden kann ein ausgeschlagener Zahn überleben. "Im Idealfall schient der Zahnarzt den wiedereingesetzten Zahn - das geschieht entweder mit einem dünnen Metalldraht, der mit Komposit an den Nachbarzähnen befestigt wird oder mit Kunststoffbändern. So wird der Zahn in der richtigen Position gehalten. Danach darf er nicht belastet werden", erklärt der Mediziner. Zwei Wochen lang werde parallel antibiotisch abgeschirmt.

Geringe Chancen

Die größte Hoffnung auf ein erfolgreiches Prozedere haben Kinder, weil bei ihnen das Wurzelwachstum noch nicht abgeschlossen ist. Die Chance, dass der Nerv noch einmal im Knochen Anschluss findet und die Nerv- und Blutgefäßversorgung wieder funktionieren, ist gut. Erwachsene hingegen haben schlechtere Karten: "Die eigenen Zähne erlangen zwar wieder eine gewisse Funktion, aber meist muss der Zahn auf lange Sicht durch ein Implantat ersetzt werden", weiß Piribauer aus Erfahrung. Der Zahn stirbt fast immer ab.

Ob die Replantation erfolgreich war, untersucht Piribauer mit regelmäßigen Vitalitätstests und kontrolliert, ob der Zahn auf Wärme und Kält reagiert. Am meisten zu tun hat der Mediziner an Wochenenden, denn der größte Feind der Zähne sind Rutschen am Spielplatz oder in Schwimmbädern. (Marietta Türk, derStandard.at, 25.11.2010)