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Im Alltag spielen Siliziumdünnfilmtransistoren (TFT) die Rolle grauer Eminenzen: von der Masse ihrer Nutzer nicht wahrgenommen, aber unverzichtbar für die Funktionsfähigkeit von Handy, Digitalkamera und Co. Das Problem bei dieser Elektronik: Sie ist teuer, energieaufwändig in der Produktion und außerdem so steif, dass sie in einfachen Prozessen nicht auf flexiblen Materialien angebracht werden kann. Dadurch wird der Zugang zu vielen grundsätzlich möglichen Anwendungen in der Medizintechnik oder im Verpackungsbereich erschwert. Aber es gibt eine Alternative: nämlich organische Transistoren (OTFT), die flexibel, günstiger und umweltverträglicher sind. Allerdings ist es der Forschung lange nicht gelungen, ein preiswertes Verfahren zur Produktion leistungsstarker organischer Transistoren zu entwickeln.

Wissenschafter der steirischen Forschungsgesellschaft Joanneum Research haben vor drei Jahren eine Methode erarbeitet, die es ermöglicht, durch Verkleinerung organischer Transistoren schnelle Schaltungen billig zu produzieren. Jedoch blieb auch bei diesem Verfahren - der sogenannten Nanoimprint-Lithografie - bis vor kurzem eine zentrale Frage ungelöst: "Wir mussten eine Möglichkeit finden, die einzelnen Schichten eines Transistors mittels hochfeiner Prägung so zu strukturieren, dass sie exakt zueinanderpassen", sagt die Physikerin Barbara Stadlober vom Institut für Oberflächentechnologie und Fotonik der Joanneum Research. "Denn erst so kann man die angestrebten hohen Schaltfrequenzen tatsächlich erreichen".

Kürzlich gelang den Wissenschaftern im Rahmen eines von der Österreichischen Nanoinitiative des Verkehrsministeriums geförderten Projekts der Durchbruch: Gemeinsam mit Chemikern der Fraunhofer-Gesellschaft und Physikern der TU Graz konnten sie das Nanoprägeverfahren auf eine Weise mit optischer Lithografie und Rückseitenbelichtung kombinieren, die es ermöglicht, die stromtragenden Elemente der organischen Siliziumdünnfilmtransistoren über mehrere Ebenen mit einer bisher unerreichten Genauigkeit zu strukturieren.

"Damit können nun organische Dünnschichttransistoren mit Dimensionen im Nanometerbereich hergestellt werden", freut sich Projektleiterin Ursula Palfinger. Diese umweltfreundlichen Transistoren im Superminiformat haben Schaltfrequenzen von mehreren hundert Kilohertz und eignen sich daher für sehr viele Anwendungen - auch wenn sie die Performance der klassischen Siliziumelektronik nicht erreichen. So arbeitet eine Forschergruppe bei Joanneum Research beispielsweise an der Entwicklung von Sensoren, die Anzeigeelemente in sensiblen Umgebungen berührungslos steuern können.

Anwendung in der Medizin

"Ein spannendes Anwendungsgebiet ist auch die Medizintechnik", weiß Christoph Auner, der maßgeblich an der Entwicklung der zukunftsträchtigen Technologie beteiligt war. "Zurzeit wird international an organischen Transistoren gearbeitet, die medizinische Parameter wie Herzfrequenz, Körpertemperatur oder Sauerstoffgehalt im Blut ermitteln können und in Textilien wie etwa Armbändern eingearbeitet sind".

Da die Herstellung organischer Siliziumdünnfilmtransistoren in großflächigen Prozessen - also von Rolle zu Rolle wie etwa in der Papierproduktion - erfolgen kann, wäre auch eine Anwendung auf diversen Verpackungen naheliegend. "Statt eines Barcodes würde ein Transponder alle wesentlichen Daten eines Produkts von der Herstellung bis zum Lieferweg beinhalten, die berührungslos ausgelesen werden können", so Ursula Palfinger. "Damit könnte eine erhöhte Fälschungssicherheit sensibler Produkte wie Medikamente oder Lebensmittel gewährleistet werden". Bereits angewandt wird organische Elektronik etwa in Displays. So hat der Handyhersteller Samsung vor kurzem ein Gerät mit organischen Leuchtdioden auf den Markt gebracht, das eine besondere Farbqualität haben soll.

Zwar werden Produkte auf der Basis organischer Elektronik bereits im kleinen Maßstab hergestellt, einen breiten Markt dafür gibt es aber noch nicht. "Da erst seit kurzem intensiv in diesem Bereich geforscht wird, steht man bei den Anwendungen natürlich erst ganz am Anfang", so Barbara Stadlober. "Aber die Möglichkeiten sind enorm". Organische Elektronik ist deshalb international ein hochaktuelles Forschungsthema, und es ist kein Zufall, dass die steirische Entwicklung zum Ausgangspunkt für ein eigenes EU-Projekt wurde. Die Wissenschafter von Joanneum Research arbeiten in diesem Rahmen bereits an einer Pilotanlage zur Entwicklung industrietauglicher Herstellungsprozesse im Bereich Nanotechnologie und organischer Elektronik. An welche Anwendungen man dabei denkt? "Elektronik ist hier nur ein mögliches Anwendungsfeld", meint Stadlober. "Man könnte beispielsweise selbstreinigende Oberflächen großvolumig produzieren oder Folien im Umfeld alternativer Energiegewinnung. Der springende Punkt dabei ist, in Massenproduktion großflächig Nanostrukturen kostengünstig herzustellen". (Doris Griesser/DER STANDARD, Printausgabe, 17.11.2010)