Budapest - Mit ihrer Zwei-Drittel-Mehrheit im ungarischen Parlament hat die rechtskonservative Regierungspartei Fidesz-MPSZ am Dienstag die Befugnisse des Verfassungsgerichtes beschnitten. 261 der 407 Abgeordneten stimmten dafür, dass das Verfassungsgericht Gesetze, die Budget, Steuern, Gebühren und Beiträge betreffen, von nun an nur im Fall "der Verletzung einzelner Grundrechte" aufheben kann. Die oppositionellen Sozialisten (MSZP) und die Grünen-Partei LMP stimmten mit Nein, die rechtsradikale Jobbik-Partei enthielt sich der Stimme.

Mit dem neuen Gesetz darf sich das ungarische Verfassungsgericht in Zukunft nur mehr in solchen Fällen zu Finanzthemen äußern, wenn Menschenrechte, das Recht auf Leben und die Menschenwürde, der Schutz der persönlichen Daten oder die Religions-und Gewissensfreiheit betroffen sind.

Das Parlament verabschiedete am Dienstag außerdem das Gesetz über die Abfertigungsbesteuerung, wobei die Regierungsparteien Fidesz-MPSZ und Christdemokraten (KDNP) die Unterstützung von Jobbik erhielten. Die MSZP-Fraktion stimmte mit Nein.

Damit werden Abfertigungen von normalen Beschäftigten ab einer Steuerbemessungsgrundlage von 3,5 Mio. Forint (12.659 Euro) mit 98 Prozent besteuert. Bei Leitern von Firmen in Staats- oder Gemeindebesitz liegt die Grenze bei 2 Mio. Forint. Die Steuer gilt rückwirkend ab dem 1. Jänner 2005. Der Verfassungsgerichtshof hatte das ursprüngliche Gesetz, das am 1. Oktober in Kraft getreten war, am 26. Oktober rückwirkend für nichtig erklärt.

Der Vorsitzende der oppositionellen Grünen-Partei LMP, Andras Schiffer, bezeichnete die Einschränkung der Befugnisse des Verfassungsgerichtes vor diesem Hintergrund als "Warnschuss" der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban. Damit wolle der Premier anderen Verfassungs-Institutionen demonstrieren, wie es ihnen "gehen kann, wenn sie die Politik des Kabinetts behindern wollen". Die Sozialisten bezeichneten die zur Beschneidung der Rechte des Verfassungsgericht von Fidesz-Fraktionschef Janos Lazar eingebrachten Gesetzvorlagen als charakteristisch für die Gesetzgebung von "einigen, nicht als demokratisch zu bezeichnenden Regimen des 20. Jahrhunderts". (APA)