Nicolas Sarkozy konnte sich wochen-, ja monatelang nicht entscheiden. Sollte er Premier Fillon im Amt bestätigen oder in die Wüste schicken? Der Zampano-Präsident, der sonst schneller als sein Schatten handelt, zaudert plötzlich. Und das kommt nicht von ungefähr: François Fillon ist mittlerweile so populär, dass er laut Umfragen bei den Präsidentenwahlen 2012 die Sozialistin Martine Aubry schlagen könnte - Sarkozy würde hingegen verlieren, sagen die Meinungsforscher.

Der medial so präsente Staatschef weiß offenbar nicht, wie er mit dem "Problem Fillon" fertig werden soll. Nun behält er ihn im Amt - und damit unter seinem Einfluss. Möglicherweise steckt dahinter ein Deal: Fillon bleibt Premier, darf aber 2012 nicht kandidieren. Wahrscheinlich konnte Sarkozy gar nicht anders: Seine eigenen Wähler hätten es nicht verstanden, wenn er den unauffälligen und gerade deshalb so beliebten Premier abserviert hätte.

Dass er sich dabei der konservativ-provinziellen Parteibasis beugen musste, offenbart noch mehr als sein Umfragetief seine geschwächte Position. Der „Hyper-Präsident" zieht die politischen Fäden in Paris nicht mehr allein. Und mit Fillon muss ihm jemand den Regierungskarrren aus dem Dreck ziehen, der ihm im Élysée gefährlich werden könnte. Sarkozy weiß, warum er plötzlich zaudert. Der neue Schwung, den er seiner Regierung einflößen wollte, könnte sich auch gegen ihn selbst wenden. (DER STANDARD Printausgabe, 15.11.2010)