Call of Duty: Black Ops (Treyarch/Activision) ist für PC, PS3, Xbox 360 und Wii erschienen.

Foto: Activision

Activisions Kriegsspielserie "Call of Duty" hat sich in den vergangenen Jahren zum Elefanten im Videospielzimmer entwickelt. Im Abstand von mittlerweile 12 Monaten erscheint (abwechselnd von verschiedenen Studios umgesetzt) ein neuer Teil, um Verkaufsrekorde zu brechen. Seine Popularität hat das Egoshooter-Franchise seinem schnellen Gameplay, spektakulären Inszenierungen, einem ausgeklügelten Online-Modus und oftmals kontroversen Inhalten zu verdanken. Nach dem 2009 gespielten Terroranschlag in "Modern Warfare 2" von Infinity Ward sind die Augen mit Spannung auf Treyarchs Antwort "Black Ops" gerichtet.

Kalter Krieg ganz heiß

Wer Kinder fressende Bösewichte befürchtet hat, kann beruhigt werden. Das neueste Kapitel von Call of Duty versucht erst gar nicht mit kontroversen Szenen Aufmerksamkeit zu erregen. Soll aber nicht heißen, dass es in Black Ops nicht heiß hergeht: Es ist das Jahr 1968. Als unter Gedächtnisverlust leidender Soldat Alex Mason wird der Spieler gleich zu Beginn in einen Verhörsessel gezwängt. Es geht um irgendwelche Zahlencodes, Kuba und die Sowjets. In gespielten Rückblicken gilt es von nun an, die Ereignisse, die vorwiegend in den 1960er-Jahren stattfanden, aufzurollen. So landet man in der Schweinebucht und macht sich im Auftrag John F. Kennedys daran im Zuge der US-amerikanischen Invasion Fidel Castro zu töten. Wie sich noch herausstellen soll, läuft natürlich nicht alles nach Plan und man gerät hinter die Fronten. Im Wettlauf um eine Superwaffe, gesteuert von den mächtigen der Zeit wird Mason vom Unwissenden zur Schlüsselfigur. Während dessen schlüpft man immer wieder in andere Rollen und versucht sich beispielsweise als CIA-Agent. Es ist ein Höllenritt durch den unerbittlichen Dschungel Vietnams, die Kälte der Ukraine und Blei durchsiebte Hochhäuser Hong Kongs.

Einmal rund um den Erdball auf der Suche nach den Hintermännern und der Wahrheit ist es in den rasanten 6 bis 8 Stunden vor allem in der ersten Hälfte kein Leichtes, Überblick über die einzelnen Protagonisten zu behalten. Die Geschichte wird mit der Feuerrate einer Uzi und der Durchschlagskraft eines Explosivgeschoßes erzählt. Aber es ist zweifellos die bislang spannendste und kreativste Story, die sich Call of Duty-Autoren zusammengereimt haben -wenngleich ein zweites Mal durchspielen Voraussetzung ist, um auch alles ganz genau zu durchblicken. Leider folgt an dieser Stelle wie so oft der Hinweis, dass die deutsche Synchronisation über weite Strecken drittklassig ausgefallen ist. PS3-Spieler können, wenn sie ihre Konsole auf Englisch stellen, auch bei der deutschen Fassung die weit bessere Originalausgabe genießen. Xbox 360-, Wii und PC-Spieler müssen dafür nach einer englischen Ausgabe des Spiels Ausschau halten. Jedenfalls ist es unverständlich, dass "das größte Spiel des Jahres" offenbar keine anständige Synchronisation verdient hat.

Vielseitiger Korridor im freien Feld

Ebenso so abwechslungsreich wie die Schauplätze sind die Einsätze von Mason und Co. Mal geht es als einfacher Soldat darum, die tödlichen Schützengräben Vietnams zu überleben, ein anderes Mal jagt man per Hubschrauber im Dogfight durch Schluchten. Dann ist man wieder auf einem Boot und knöpft sich Raketenwerfer in Baumwipfeln vor. Kleine strategische Einlagen, bei denen man einen Trupp aus dem Überwachungsflugzeug durch Feindgebiet navigiert, sorgen für optische Entspannung im Inferno. Jedes Szenario wurde nach den besten Vorbildern Hollywoods umgesetzt. Der Urwald brennt, die Nacht wird durch explodierende Helikopter zum Tag und über einem beeindruckt stets ein anderes Drama der Wetterfront.

Um die Atmosphäre zu intensivieren, haben sich die Entwickler erneut an ein geradliniges Leveldesign gehalten. Das ist zwar durchaus üblich bei Shooterkampagnen, doch in Black Ops wird die Grenze oftmals mit dem Geodreieck vermessen. Um den Spieler auf der Schiene zu halten werden die Checkpoints in relativ kurzen Abständen gesetzt und nur wenn man sich an die erdachte Route hält, hat man auch eine Chance zu überleben. Besonders nervtötend ist diese Eingeschränktheit bei vermeintlich offenen Kampfschauplätzen wie in Vietnam. Um die Stimmung zu verdichten, werden unendlich Gegner nachproduziert, bis man den genau vorgegebenen Plan umsetzt. In späteren Levels in Häusern und Schiffen macht das Korridorprinzip wenigstens Sinn.

Online mit den Präsidenten gegen Zombies

Wer sich eine kooperative Kampagne erhofft hat, wird enttäuscht: Den Kalten Krieg darf man nur als Solist durchstehen. Für gemeinsame Gefechte Seite an Seite haben die Entwickler von Treyarch abermals den Zombie-Modus aktiviert. Besonders charmant: Diesmal kämpft man als John F. Kennedy, Richard Nixon, Robert McNamara und Fidel Castro im Pentagon gegen Nazi-Zombies aus dem Zweiten Weltkrieg - abstruser geht es kaum.

Beim klassischen kompetitiven Mehrspielermodus darf man online mit bis zu 17 Mitstreitern (alternativ auch mit computergesteuerten Bots) oder zu viert vor einem Fernseher wetteifern. Das Spielprinzip stützt sich auf das seit Call of Duty 4: Modern Warfare bekannte Belohnungssystem und ermöglicht so den Ausbau der Fertigkeiten und des Waffenarsenaals. Letzteres kann man gegen eine virtuelle Währung aufstocken. Die Individualisierung von Charakteren und Klan-Tags freut die Hardcore-Zocker. Die verschieden Spielmodi umfassen alle üblichen Bewerbe und einen herausragenden neuen Modus namens "Wager Match". Hierbei können Spieler beliebig hohe Einsätze platzieren. Wer unter die ersten Drei kommt, verdoppelt, wer unter die letzten Drei kommt, verliert. Vier unterschiedliche Bewerbe schnürt so ein Wager Match zusammen und jeder davon ist unterhaltsam. In "One In The Chamber" etwa startet man mit nur einer Kugel im Pistolenlauf. Für jede virtuelle Tötung gibt es eine weitere Patrone. Beim "Gun Game" wiederum erhält man nach jedem Kill eine neue Waffe. Gewonnen hat jener, der mit allen 20 Mordinstrumenten erfolgreich sein konnte.

Die Mehrspielerkarten sind gut ausbalanciert und abwechslungsreich. Die Spielfelder sind eng umsteckt und es gibt wenige Möglichkeiten sich zu verstecken. Was vor allem für Scharfschützen schade ist der Mangel eines ballistischen Systems: Kugeln schlagen selbst über enorme Distanzen immer genau dort ein, wo man hingezielt hat.

Fazit

Call of Duty: Black Ops ist in jeder Hinsicht ein Adrenalinkick. Die Einzelspielerkampagne ist zwar recht kurz gehalten, jedoch keine Sekunde lang langweilig. Für die Ausführung der spannenden Fiktion hätte man sich die eine oder andere erzähltechnische Pause gönnen sollen. Wer mit Korridor-Shootern im technischen Sinne nichts anfangen kann, wird hier allerdings nicht glücklich werden. Geradliniger geht es kaum. Der Mehrspielermodus motiviert durch ein Währungssystem und den dazugehörigen "Wager Matches" auf Dauer. Kooperativ geht es leider nur in der Zombie-Schlacht zu Gange, dafür in der Rolle eines Präsidenten. Die schräge Versöhnung zweier einstiger politischer Todfeinde ist dabei nur ein Aspekt, weshalb Black Ops heraussticht. Schön, dass trotz Weltuntergangsszenario platz für Humor geblieben ist. Davon sollten sich die Köpfe hinter "Medal of Honor" eine Scheibe abschneiden. Wer spielerisch mehr Abwechslung sucht, auch Fahrzeuge steuern möchte und realistischere physikalische Effekte bevorzugt, ist bei "Battlefield: Bad Company 2" nach wie vor besser aufgehoben. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 14.11.2010)

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