Foto: Cremer
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Samsung hat bei der Markteinführung seines iPad-Rivalen Galaxy Tab sehr geschickt das Apple-Spiel gespielt. Bevor es Information gab, gab es Gerüchte, dann einen Namen und Sneak-Previews in Hinterzimmern (was Apple nur bei Verlust von Prototypen in Bierlokalen passiert).

Gut gefertigtes Gerät

Zur Ifa enthüllte Samsung schließlich das Galaxy Tab, das jetzt erhältlich ist. Der koreanische Hersteller enttäuscht nicht: Sein Tablet erweist sich als gut gefertigtes, ansprechendes Gerät. Seine Basis ist Googles Android, das auch im Samsung Galaxy S steckt, und der Tab fühlt sich auch an wie ein stark vergrößertes Handy: taschenbuchgroß, Kunststoffgehäuse, vorn schwarz, rückwärts weiß. Unter dem Display vier Buttons für Kontextmenü, Home, Zurück und Suche.

Obwohl es zahlreiche Ankündigungen und einige Außenseiter gibt, ist das Galaxy Tab die erste ernstzunehmende Alternative zum iPad. Samsung konkurriert mit Ausstattung (zwei Kameras, Blitz, Telefonie und Flash beim Websurfen) und kleinerer 7-Zoll-Form (9,7 beim iPad). Die Zahlen täuschen, denn sie werden diagonal gemessen - das Tab ist nicht einmal halb so groß wie das iPad.

Softkeyboard

Samsung bewirbt dies als Vorteil: Es kann leicht mit einer Hand gehalten und wie ein Handy mit dem Daumen bedient werden. Für Bücher ist dies ein gutes Format, für Webseiten weniger: Diese werden zwar ähnlich komplett, aber mit wesentlich kleinerer Schrift angezeigt. Nachteilig ist der kleinere Schirm beim Schreiben. Je nachdem, ob man vom Handy oder vom Notebook kommt, wirkt die Tastatur entweder wie eine größere, besser zu bedienende Handytastatur, oder eine sehr kleine, mühsame Notebooktastatur. Das große Softkeyboard des iPad hat hier Vorteile. Längeres Ausprobieren empfiehlt sich, um die subjektiv richtige Größe zu finden.

Die eingebaute Kamera, mit der man beim Fotografieren etwas lächerlich aussieht, ist sehr praktisch, um Dokumente aufzunehmen oder Fotos in Memoart zu knipsen. Die vordere Kamera für Videocalls ist hingegen eher eine Versicherung - falls Videocalls doch noch populär werden.

Android

Wie auch am Handy erscheint Android etwas chaotischer als die sorgfältig gestaltete (und kontrollierte) Welt von Apples iPad; Android-Konventionen zur Bedienung variieren leicht zwischen Programmen. Schirm und Programme des Tab reagieren jedoch flüssig und schnell, auch wenn beim Scrollen die Darstellung manchmal etwas ruckelt. 16 Gigabyte interner Speicher entsprechen Apples Einstiegsmodell, mit einer externen MicroSD kann der Speicher aufgerüstet werden.

Was dem Galaxy Tab (derzeit) fehlt, ist ein mit iTunes vergleichbares Musik- und Videoangebot, das nahtlos integriert ist. Die meisten Apps sind derzeit für Handygröße gebaut, nur wenige nutzen den größeren Schirm. Hier liegt das Angebot am iPad deutlich weit vorn - aber das war auch nicht immer so. Etwas erstaunlich der relativ hohe Preis: Ohne Vertrag kostet das Gerät rund 630 Euro (600 Euro das vergleichbare iPad, 500 Euro die Wifi-only-Version), die Mobilfunker bieten Tabs zusammen mit Verträgen billiger an.

Wer Apple nicht mag, findet hier eine Alternative

Ist das Tab ein iPad-Killer? Obwohl eine sehr gelungene erste Version, kommt es an Apples Produktreife noch nicht heran. Aber wer ein kleineres Gerät bevorzugt, Telefonie oder Kamera an Bord haben will oder Apple nicht mag, findet hier eine gute Alternative. (Helmut Spudich, Der Standard Printausgabe, 12. November 2010)

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