Foto: Universal

Charlie Hadens Quartet West ist einer gewissen Breitenwirkung zugetan. Der Doyen unter den Bassisten, der ja alles Mögliche zwischen Zusammenarbeit mit Ornette Coleman und politischem Engagement (etwa Song for Che) durchlebt hat, lässt hier seiner Zuneigung zur Mainstreamkonvention und dem Great American Songbook (in diesem Feld ist er regelrecht ein Sammler) freien Lauf.

Nicht unlogisch also, dass einer der letzten Großen irgendwann zum Telefon greifen würde, um jene Damen zu einer Session einzuladen, die zwar jung an Jahren, aber stilistisch in der Vergangenheit verankert sind. Haden sprach nicht nur. Um etwa Cassandra Wilson das für sie vorgesehene Lied schmackhaft zu machen, hauchte er dieses durch den Hörer. Und zweifellos hatte dies eine gewisse Überzeugungskraft - Haden ist ein begnadeter Vertreter des charmanten Sangesunderstatements.

Wie auch immer: Herausgekommen ist das schmusige Album Sophisticated Ladies (Universal), auf dem neben Wilson, auch Melody Gardot, Norah Jones und Diana Krall, als zurzeit angesagte Pendlerinnen zwischen Jazz, Pop und Folk zugegen sind. Und auch Renée Fleming, jene Klassiksopranistin, die Jazzvergangenheit besitzt.

Das Ergebnis ist solide, jede Dame entfaltet ihre übliche Qualität. Auffällig ist die CD aber wegen der streicherprallen Arrangements und der teilweisen Zurückhaltung der Band: Es herrscht mitunter eine Uniformität der Spielweise, eine Selbstverleugnung Hadens, als wollte er unauffällige Warenhausmusik produzieren. Dann allerdings ereignet sich mit Ernie Watts' packenden Saxofonsoli und den zwischendurch aufleuchtenden Haden-Improvisationen Würdevolles. Ein extrem seltsames Album. (Ljubisa Tosic / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.11.2010)