Fachmann am rasenden Zug: Denzel Washington in "Unstoppable"

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Wien - Vom Veteranen trennen den Rookie, den Anfänger, viele Jahre an Erfahrung. Das mag auch der Grund dafür sein, warum diese Konstellation im Genrekino so beliebt ist: Denn selbst während um die beiden Figuren herum alles in die Luft geht, wird noch eine Expertise weitergegeben, die den Älteren in seinem Selbstverständnis stärkt und den Jüngeren, wie bei einem Initiationsritual, zu einem ebenbürtigen Mitspieler, einen richtigen Kerl werden lässt.

In Tony Scotts Action-Film Unstoppable besetzt nun Chris Pine die Rolle des Neuankömmlings im Eisenbahngewerbe, wogegen Denzel Washington der altgediente (und eigentlich schon ausgemusterte) Mann am Steuer ist. Die beiden sollen erstmals gemeinsam einen Zug befördern, sie tun dies aber justament an jenem Tag, an dem Pennsylvania am größten Schienenunglück seiner Geschichte vorbeischlittern wird. Und das bedeutet für die beiden zunächst einmal: Gegenverkehr. Denn der Film erzählt von einem Zug, der sich allein auf den Weg macht und dabei immer schneller wird. Zusätzliche Gefahr droht durch dessen leicht entflammbares Transportgut.

Die Geschichte der "Crazy Eights" - die Zahl bezieht sich auf die Anzahl der Wagons - ist verbürgt und natürlich ein gefundenes Fressen für das Kino. Bewegung durch Hindernisse hindurch, dazu die menschliche Anstrengung, eine Katastrophe zu verhindern - aus diesen Elementen formt Scott einen so reduzierten wie hochenergetischen Actionfilm, der zeigt, dass die ältesten Attraktionen des Kinos immer noch ziemlich gut funktionieren. Im wahrsten Sinne des Wortes also ein Film auf Schienen.

Scotts bisweilen zu ausgeprägte Neigung zu visuellen Pirouetten ist diesmal gezügelt und ganz aufs Objekt ausgerichtet - störend im Aktionsfluss wirkt allenfalls die mediale Verdopplung des Geschehens. Während die beiden Helden eine Kollision vermeiden müssen, schließlich sogar die Verfolgung des Ungetüms aufnehmen, ist der eigentliche Star des Films die unaufhaltsame Mobilität des Zugs, die der Film mit wendigen Kameraeinstellungen zelebriert - mitunter ist selbst das Bild förmlich am Zerfließen.

Dass die beiden Männer bei all dem Chaos trotzdem Zeit finden, sich entspannt über ihre Ehe- und Kinderkrisen zu unterhalten, zeigt dagegen an, dass die Eisenbahn doch aus einer anderen Epoche kommt; oder dass das Drehbuch noch ein paar Striche mehr vertragen hätte. (Dominik Kamalzadeh/DER STANDARD, Printausgabe, 10. 11. 2010)