Christine Erhard: "Haus des Weinbauern", Lambda-Print hinter Acrylglas, 95 x 120 cm, 2009.

Foto: Christine Erhard VG Bild Kunst, Bonn

Linz - Fernando Pessoas Heteronym Ricardo Reis war sich seiner Kunst gewiss: "Auf der sicheren Säule" seiner Verse fürchte er keine Vergänglichkeit, denn "wenn unverwandt der Geist sich den Widerschein der Welt betrachtet, wird er zu seinem Plasma, und aus der Welt, nicht aus dem Geist, erwächst die Kunst".

Die Kuratoren Ulla Lux und Johannes auf der Lake haben sich von diesen Zeilen inspirieren lassen, zu einer Schau, die unter dem Titel Retourkutsche in der Galerie Maerz zu sehen ist. Zu Gast ist man mit Arbeiten von Kunstschaffenden aus Nordrhein-Westfalen, die unter dem Aspekt der künstlerischen Weltaneignung gelesen werden wollen.

Plasmaartig mutet dies vor allem bei Stefan Ettlinger an, der für seine urbanen Collagen in Eitempera auf Foto- und Filmvorlagen zurückgreift. Daraus entstehen farblich intensive, fiktive Panoramen, zum Beispiel von der Stadt Jericho.

Direkt auf die Wand bringt Simon Halfmeyer sein Panorama auf, als Nebeneinander von Architektur und inszenierter Natur. Konturen von Kakteen und Palmen gruppieren sich mit Hausfassaden und Baugerüsten zu grafischer Gleichwertigkeit. Christoph Knecht hingegen überlagert Natur und Gebäude: Er lässt Knospen eines Strauches aus im Hintergrund erleuchteten Hochhausfenstern entstehen.

Die Manipulation von Perspektiven erfolgt bei Christine Erhards. Aus Bildfragmenten von Architekturfotografien und Materialien wie Holz oder Glas entstehen Raummodelle, die, erneut abfotografiert, zu Montagen einer unmöglichen Realität werden. Spielerisch der Ansatz Simone Lettos, die mit einer seriellen Arbeit vertreten ist. Ein lakonischer Alltagsfilm wird aus drei Bildern generiert: Das Öffnen und Hochziehen der Jalousien gibt den Blick auf gegenüberliegende Häuser und Fensterreihen frei. Humorvoll auch das Video alles wird gut von Dagmar Keller und Martin Wittwer: Sie zeigen im Panoramaschwenk, wie das Kartonmodell einer häuslichen Idylle abbrennt. (wo, DER STANDARD - Printausgabe, 9. November 2010)