Carl Moll, "Partie aus Grinzing": ein bislang unbekanntes und in seiner Qualität eindrucksvolle Gemälde.

 

Foto: Giese & Schweiger

Millionär ist nicht gleich Millionär. Die in Österreich vorhandenen ticken ganz unterschiedlich, wie eine vor kurzem von der Bank Austria veröffentlichte Studie behauptet. Die Typen konventionelle Macher, konservativer, weil humanistisch gebildeter Großbürger, wie der Lokalpatriot sind auf dem heimischen Markt aktive Sammler und auch als Anfänger jederzeit willkommen. Der Sparsame glänzt durch Abwesenheit, die seine Erben irgendwann wieder wettmachen - langfristig gesehen.

Dennoch ist es die viel zitierte Mittelschicht, von der der Handel tatsächlich lebt. Ihre Sorgen und Zukunftsängste können den Markt mit aller Wucht treffen. Nicht nur theoretisch, sondern nachweisbar, sollte deren Kaufkraft ausbleiben. Und das tut sie schon jetzt, sofern die Qualität des Angebotes nicht gewährleistet ist.

Highlights auf Wanderschaft

Eine Lektion, die das Publikum einigen der Teilnehmer der in den Palais Ferstel und Niederösterreich abgehaltenen Wikam (Wiener Internationale Kunst- und Antiquitätenmesse, bis inkl. 7. 11.) erteilte. Im Vergleich zu den Vorjahren wanderten auch die raren Highlights und ihre temporären Besitzer längst ab: Nach Josef Schütz, Roland Widder und Walter Freller fand heuer auch Ludwig Wimberger in der Hofburg (42. Hofburg Messe für Kunst und Antiquitäten, 6. bis 14. 11.) eine Heimat, die Neukunden verspricht. Galerie Szaal - Inhaber Horst fungiert als veranstaltender Verbandspräsident - wird die Stellung halten. Solange es die Messe (noch) gibt.

Der einzige Besitzerwechsel in einer internationalen Größenordnung an dieser Adresse: Die Karl Wlaschek Privatstiftung verkaufte Mitte der Woche das Palais Ferstel, mitsamt Café Central, an die Verkehrsbüro Group. Von diesem Deal ist auch das Palais Kinsky betroffen. Dort wird man sich kommende Woche für einen Publikumsansturm wappnen müssen:

Potenzielle Käufer und Interessierte werden sich während der 81. Kunstauktion am 9. November um Sitz- und Stehplätze raufen müssen. Der eine von 84 Gründen heißt Prozession, stammt aus der Sammlung Ronald Lauders und hält als eines der raren Ölbilder Egon Schieles (1911) den Status Sensationsanwärter.

Das Limit liegt bei 3,5 Millionen Euro. Die obere Taxe beläuft sich auf sieben Millionen. Würde diese Hürde genommen, dann wäre dem Kunstmarkt in Österreich ein fulminantes Geschäftsjahr sicher. Die aktuelle Benchmark liegt bei 7,02 Millionen brutto (Dorotheum: Frans Francken II, Mensch zwischen Tugend & Laster) und damit bei der Konkurrenz.

Im Kinsky hofft aktuell auf einen Umsatz von neun bis 17 Millionen Euro, gemessen an der Summe der Schätzwerte. Das wäre kühn kalkuliert mehr, als man im ersten Halbjahr an Umsatz verbuchte (13,24 Mio. Euro).

Die Strategie war, rund um diesen Schiele lauter Meisterwerke zu versammeln. Das gelang, etwa mit Wisinger-Florian und zwei Schiele-Blättern aus der Sammlung Leopold. Teilweise, aber nur bedingt. Denn Werken wie der Seilerstätte von Theodor Hörmann museale Qualität zuzuschreiben ist schon eher übereifrig. Erklärt sich vielleicht über die Connection seiner im Kinsky beschäftigten Urenkelin, die wiederum am geplanten Werkverzeichnis (im Kinsky Edition) arbeitet.

Und ein solcher OEuvrekatalog ist auch zu Carl Moll geplant, vom Kinsky und vom Belvedere, dort wiederum mit Unterstützung vom Dorotheum. Einen marktfrischen Eintrag halten Giese & Schweiger im Rahmen der Hofburg-Messe bereit, 580.000 Euro soll die soeben aus Uruguay importierte und bislang unpublizierte Partie aus Grinzing kosten. Für Moll-Fetischisten ein Muss, das es irgendwie zu finanzieren gilt, so man nicht schon Millionär ist. (Olga Kronsteiner / DER STANDARD, Printausgabe, 6./7.11.2010)