New York - Die Menschen auf der Welt werden immer reicher, gesünder und älter - allerdings mit dramatischen Unterschieden. Während in einigen Regionen der Wohlstand wächst, verharren andere in tiefer Armut. Die weltweite Lebenserwartung ist in den vergangenen Jahren um elf Jahre gestiegen. Dem am Donnerstag in New York vorgestellten Weltentwicklungsbericht der Vereinten Nationen zufolge liegt die Lebenserwartung derzeit bei 70 Jahren. Allerdings hat sie sich in den 135 untersuchten Ländern sehr unterschiedlich entwickelt: So schnellte sie seit 1970 in arabischen Ländern gleich um 18 Jahre empor. In neun Ländern ging sie jedoch gar nicht nach oben. Neben sechs afrikanischen Ländern inklusive Südafrika sind auch Russland, Weißrussland (Belarus) und die Ukraine dabei.

Auch in anderen Bereichen entdeckten die Gutachten bei Bildung, Gesundheit, Einkommen und anderen Lebensbedingungen zwar grundsätzlich überall Verbesserungen, aber in ganz unterschiedlichen Dimensionen. Der größte Sprung gelang dem Sultanat Oman, das seine Ölgelder in Bildung und Gesundheitsvorsorge angelegt habe. Die anderen neun in einer "Top Ten" sind China, Nepal, Indonesien, Saudi-Arabien, Laos, Tunesien, Südkorea, Algerien und Marokko. Fast immer stiegen die Länder bei den Statistikern durch Verbesserungen bei Gesundheit und Bildung auf. Allein China gelang sein großer Sprung nach vorn ausschließlich durch gestiegene Einkommen.

Ostasien

Vor allem dank China und Indonesien war Ostasien auch die am schnellsten wachsende Region der letzten 40 Jahre. Andere hätten deutliche Rückschläge hinnehmen müssen. So seien Erfolge bei den Gesundheitssystemen einiger afrikanischer Länder durch Aids wieder zerstört worden. Zudem habe sich die Wirtschaft in Südostasien kräftig, in Afrika kaum entwickelt. "Das Gefälle in der weltweiten Entwicklung bleibt trotz einer gewissen Angleichung gewaltig", schreiben die Autoren der Studie.

"Kein Automatismus"

Die Gutachter haben aber auch festgestellt, dass eine wachsende Wirtschaft nicht selbstverständlich zu Wohlstand im Volk führt. "Es gibt keinen Automatismus zwischen ökonomischem Wachstum und gesellschaftlichem Fortschritt", heißt es in dem 230-Seiten-Papier. Viele Ökonomen hatten genau das immer propagiert. Die UN-Forscher hatten nach eigenen Angaben die Entwicklung der letzten 40 Jahre in 130 der 192 UN-Länder und damit die Lebensumstände von 92 Prozent der Menschheit untersucht.

"Der Bericht hat unsere Sicht auf die Welt verändert", sagte UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon bei der Vorstellung des Reports. "Wir haben gelernt, dass wirtschaftliches Wachstum sehr wichtig ist. Wirklich entscheidend ist es aber, mit dem Nationaleinkommen allen Menschen eine Chance auf ein längeres, gesünderes und produktiveres Leben zu geben."

Die Chefin des Entwicklungsprogrammes (UNDP), Helen Clark, verwies auf die Quote der Kinder, die eine Grundschule besuchen könnten. Deren Zahl sei von 55 auf 70 Prozent gestiegen. "Der Bericht zeigt, dass die Menschen heute gesünder, wohlhabender und besser ausgebildet sind als je zuvor. Obwohl nicht alle Trends positiv sind, zeigt es, dass jeder Staat viel tun kann, um das Leben seines Volkes zu verbessern."

UN fürchtet steigende Zahl der Menschen in Slums

Die Zahl der in Armensiedlungen lebenden Menschen könnte nach Befürchtung der Vereinten Nationen wieder steigen. "Die Folgen der Finanzkrise bedrohen die Erfolge der letzten Jahre", sagte der neue Chef der Organisation für Siedlungsfragen (UN-Habitat), Joan Clos, am Mittwoch in New York. In den vergangenen zehn Jahren sei die Zahl der Slumbewohner zwar zunächst um 200 Millionen gesunken. "Aber noch immer leben fast 830 Millionen Menschen unter unwürdigen Bedingungen und wir fürchten, dass der positive Trend umschlägt und es in den nächsten zehn Jahren wieder 60 Millionen mehr werden." Diese Wende zum Negativen gehe fast komplett auf das Konto der Finanzkrise.

Die Bedeutung der Städte werde in der täglichen Politik unterschätzt, sagte der frühere Bürgermeister von Barcelona. "In Städten wird der allergrößte Teil des weltweiten Sozialprodukts erwirtschaftet. Allerdings entstehen hier auch die meisten Klimalasten und die wirtschaftlichen Blasen, die letztlich platzen." Dabei hätten die Städte immer weniger Geld, um ihre eigenen Probleme zu lösen. "Die größten Befürchtungen habe ich bei den gewaltigen Megastädten. Die meisten von ihnen sind völlig planlos entstanden. Heute stehen sie vor kaum lösbaren Problemen." (APA)