"Das Neueste vom Neuen", "Immer an der Speerspitze der Innovation", "Leading Edge" - so lauten verschiedene Selbstzuschreibungen des Fedora-Projekts. Und dies durchaus zurecht: Angetrieben durch die EntwicklerInnen von Red Hat - und damit immerhin dem größten Linux-Distributor - hat sich Fedora in der Vergangenheit regelmäßig ein ganzes Stück aktueller als die Konkurrenz erwiesen. Viele nun zentrale Linux-Technologien haben hier ihr Debüt gegeben, vom NetworkManager über PulseAudio bis zum "Kernel Based Mode Setting" - alle konnten sie zuerst bei Fedora ausprobiert werden.

Frei

Ein weiteres zentrales Konzept von Fedora ist die Konzentration auf vollständig freie Komponenten, proprietäre Treiber und Programme liefert man von Haus aus nicht mit, auch wird diesen die Aufnahme in die offiziellen Paketquellen verwehrt. Deren Zurverfügungstellung überlässt man der weiteren Community, was sich angesichts der immer äußerst aktuellen Softwareausstattung von Fedora schon mal als kein sonderlich trivialer Akt erwiesen hat. 

Ausrichtung

Die Zielgruppe der Distribution definiert man denn auch etwas anders als beispielsweise Ubuntu, vor allem technisch interessierte NutzerInnen will man ansprechen. Der Fairness halber soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass dies jetzt abschreckender klingt, als es Fedora verdient hat. Ein voll funktionstüchtiges Desktop-System einzurichten, ist auch hier üblicherweise kein sonderliches Problem. 

Update

Seit kurzem gibt es nun mit Fedora 14 eine neue Ausgabe der Distribution, die die Entwicklungen der letzten sechs Monate zusammenfasst. Was es hier Neues gibt, und ob das oben Gesagte auch für die aktuellste Release der Softwarezusammenstellung gilt, soll in Folge näher beleuchtet werden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Doch zunächst einmal ein paar Eckdaten: Fedora 14 kann kostenlos von der Seite des Projekts heruntergeladen werden, als Default-Installationsmethode verwendet man dabei eine Live-CD, die eben auch ein Programm zum Einrichten des Systems beherbergt. Fedora ist traditionell eine GNOME-basierte Distribution, nichts desto trotz bietet man aber auch Varianten der Distribution mit anderen Desktop-Umgebungen an. So finden denn auch jene, die KDE, Xfce oder LXDE bevorzugen, hier ihr Auslangen.

Vielfalt

Wer ausreichend Bandbreite zur Verfügung hat, kann auch gleich ein vollständiges DVD-Image herunterladen, bei dem all diese Optionen frei gewählt werden können. Wem all dies noch nicht genug Auswahl darstellt, dem bietet das Fedora-Umfeld noch alternative "Spins" der Distribution an, also Live-CDs mit spezifischer Ausrichtung. So gibt es etwa eine "Design Suite", die gleich jede Menge Grafik-Tools mitliefert, oder auch einen Spin mit der von "One Laptop per Child"-Projekt bekannten Lernumgebung "Sugar".

Installer

Für die Installation des Systems nutzt Fedora "Anaconda", das Tool kommt schon seit Jahren - nicht nur - im Red-Hat-Umfeld zum Einsatz. Wer frühere Versionen der Distribution benutzt hat, wird sich hier schnell zurechtfinden, was für die aktuelle Release aber auch bedeutet: Es hat sich nicht wirklich viel getan.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Insofern stimmen all die Kritikpunkte, die in der Vergangenheit immer wieder mal geäußert wurden, weiterhin: Anaconda wirkt gerade angesichts der Verbesserungen die Ubuntu - aber auch openSUSE - in den letzten Jahren in diesem Bereich vorgenommen hat, etwas veraltet. So ergibt die Trennung in eine Installation- und eine Konfigurationsphase (nach dem ersten Boot) mittlerweile keinerlei Sinn mehr. Besonders deutlich wird dies an der Zeiteinstellung, die teils hier, teils da vorzunehmen ist. 

Umbau

Auch das Layout von Anaconda könnte dringend mal eine Überarbeitung brauchen, manch Eingabefelder (z.B. die Einbindung weiterer Paketquellen) sind selbst bei großen Bildschirmauflösungen äußerst schmal geraten. An einigen Stellen wirkt der Installer mittlerweile geradezu zusammengestoppelt, etwa wenn bei den fortgeschrittenen Netzwerkeinstellungen einfach das vom Desktop gewohnte NetworkManager-Interface in einem eigenen Fenster geöffnet wird

Plus

Bei all dem Gesagten bleibt dies doch Jammern auf hohem Niveau, immerhin lässt sich auch mit Anaconda recht flott - und zuverlässig - ein Linux-System einrichten. Zudem zeichnet sich die Software durch einige echte Stärken aus, so ist die Vollsystemverschlüsselung hier nur eine einzige Checkbox entfernt, auch sonst ist die Partitionierung durchaus gelungen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

In Sachen Dateisystemen gibt es mit Fedora 14 nichts Neues zu berichten, wie auch bei der Vorgängerversion wird hier ext4 der Vorrang gegeben. Wer das Next-Generation-Dateisystem btrfs nutzen will, muss nicht nur zum DVD-Installer greifen, sondern auch bei dessen Boot-Menü den Parameter "btrfs" hinzufügen - nur dann steht es überhaupt als Option bei der Partitionierung zur Auswahl. Das Aufspielen der Pakete geht dafür zumindest bei der Live-CD in Windeseile, was nicht weiter verwundern darf, wird hier doch einfach ein fixes Image kopiert.

Upgrade

Alternativ zu einer Neuinstallation gibt es die Möglichkeit eines Upgrades von einer älteren Version, entweder über die Kommandozeile oder auch mit dem grafischen Tool "Preupgrade". Allerdings hat dies im Test nicht immer zuverlässig funktioniert, für viele ist eine Neuinstallation aber ohnehin die "sauberere" Variante, vor allem wenn man das eigene Home-Verzeichnis getrennt angelegt hat, und so Einstellungen und private Daten auch bei diesem Weg weiter verwenden kann. Für die Zukunft will man übrigens weiter in die Upgrade-Funktion investieren, bzw. diese in das gewohnte Softwareaktualisierungs-Tool integrieren.

Boot

Beim ersten Boot in das System offenbart sich dann gleich ein unleugbares Defizit von Fedora: Im Gegensatz zu aktuellen Ausgaben von Ubuntu dauert das Hochfahren erheblich länger. Dabei sollte allerdings auch nicht vergessen werden, dass Fedora von Haus aus wesentlich mehr Services startet, die nicht zuletzt aus einer Sicherheitsperspektive relevant sind. Darunter fällt etwa eine vollständig konfigurierte Firewall. Trotzdem gibt es hier noch einigen Spielraum für kommende Optimierungen. Einen wichtigen Schritt in diese Richtung soll "systemd" darstellen. Das neue Boot-System wurde von einem Red-Hat-Entwickler in seiner Freizeit ersonnen und setzt massiv auf Vereinfachung und Parallelisierung der Vorgänge, wodurch - nicht zuletzt - auch Zeit eingespart werden soll.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Eigentlich war die Aufnahme von systemd schon für Fedora 14 anvisiert, aufgrund verbliebener Bugs hat man sich aber einige Wochen vor der Freigabe dann doch noch gegen den Wechsel entschieden - nicht unbedingt zur Freude des betreffenden Entwicklers. Also kommt noch ein weiteres Mal eine Mischung aus Ubuntus upstart und klassischen Init-Skripten zum Einsatz, für Fedora 15 ist systemd aber wohl fix gebucht.

Upstart

Weil immer wieder mal die Frage aufkommt, warum man nicht statt dessen an der Verbesserung der Ubuntu-Lösung feilt: Dies hat einerseits sicherlich technische Gründe, weil man die grundlegende Architektur von systemd schlicht für überlegen hält. Hinter vorgehaltener Hand wird dann aber auch gern mal darauf verwiesen, dass Ubuntu-Hersteller Canonical für die Entwicklung an Upstart (und anderen Projekten wie dem neuen Desktop-Interface Unity) ein "Copyright Assignment" verlangt, mit dem alle EntwicklerInnen dem Unternehmen exklusive Rechte über den Code - etwa zur kommerziellen Weiterverwertung oder zur Lizenzänderung - zukommen lassen müssen. Eine solche Anforderung wird von den meisten EntwicklerInnen allerdings äußerst ungern gesehen, und war auch einer der jahrelangen Streitpunkte in der OpenOffice.org-Community.

Desktop

Dass Fedora ganz auf GNOME eingestellt ist, wurde schon eingangs erwähnt, insofern birgt die neue Ausgabe in dieser Hinsicht wenig Überraschungen. Dieses gleich in doppelter Hinsicht: Statt dem ursprünglich anvisierten GNOME 3.0, das ja auf Frühjahr 2011 verschoben wurde, kommt noch einmal eine letzte Ausgabe der GNOME 2.x-Serie zum Einsatz, konkret das aktuelle GNOME 2.32.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Im Gegensatz zu anderen Distributionen - Ubuntu allen voran - verzichtet Fedora praktisch zur Gänze auf eigene Modifikationen des Desktops. Was hier zu sehen ist, entspricht - bis auf ein paar eigene Icons und dem Fedora-Logo im Panel - also auch dem offiziellen GNOME. Insofern übernimmt man dessen Neuerungen quasi automatisch und  - fast - zur Gänze.

Nautilus

Da das GNOME-Projekt gerade vornehmlich mit den Vorbereitungen für die kommende Desktop-Generation beschäftigt ist, sind die neuen Funktion in GNOME 2.32 allerdings eher moderater Natur. Zu den Highlights gehört dabei diverser, durchwegs sinnvoller Feinschliff am Dateimanager Nautilus. So hat man den Dialog zum Dateien ersetzen vollkommen neu gestaltet, beim Ausschneiden von Dateien bzw. Verzeichnissen werden diese farblich heller dargestellt, im Mistkübel werden die zuletzt gelöschten Dateien als erstes dargestellt und lassen sich mit einem Klick wieder an ihren Ausgangsort zurückbefördern.

Kombination

Der Instant Messenger Empathy führt mehrere Accounts einer Person nun in Metakontakten zusammen und hat an sich die Kontaktübersicht aufgeräumt. Eine der netteren Neuerungen von GNOME 2.32 sucht man aber auch bei Fedora 14 vergeblich. Die Möglichkeit Anmerkungen bei PDF-Dokumenten hinzuzufügen, scheitert daran, dass man die für diese Funktion notwendige Entwicklungsversion der PDF-Bibliothek Poppler noch nicht im Angebot hat.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Unter der Haube sind aber auch bei Fedora 14 bereits die ersten Anflüge von GNOME 3.0 zu bemerken. So liefert man bereits Testversionen von GTK+3 mit, und damit der kommenden Generation des grafischen Toolkits, auf dem GNOME basiert. Wirklich aktiv genutzt wird die neue Version allerdings noch nicht, im Default-Install verwenden lediglich die GNOME Games GTK+3. Dies übrigens von den NutzerInnen vollkommen unbemerkt, verwendet man doch für beide Toolkit-Generationen - GTK+2 ist parallel natürlich ebenfalls installiert - das gleiche Theme.

Spaßbremse

Die Idee bereits eine Preview von GTK+3 in die Distribution zu packen, ist zwar - vor allem aus einer EntwicklerInnenperspektive - durchaus begrüßenswert, im konkreten Fall dann aber doch etwas danebengegangen: Liefert man in Fedora 14 doch die Version 2.90.5 der Software, die bereits im Juli veröffentlicht wurde, und seit der zentrale Umbauten vorgenommen wurden. Neben der Entfernung von länger schon als veraltet markiertem Code wurden mittlerweile auch weite Teile der Rendering-Infrastruktur des Toolkits umgebaut.

Beschränkung

Diese Entscheidung hat aber noch eine weitere unangenehme Konsequenz: Die enthaltene Preview der GNOME Shell - und damit der definierenden Neuerung an der User Experience von GNOME 3.0 ist ebenso veraltet, da neuere Releases ebenfalls ein frischeres GTK+ benötigen. Einen wirklich aussagekräftigen Blick auf die aktuelle GNOME-Shell-Entwicklung bekommt man hier also ebenso wenig wie bei der aktuellen Ubuntu-Ausgabe.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Vorinstalliert ist die GNOME Shell bei Fedora 14 übrigens weiterhin nicht, sie lässt sich aber ohne große Umschweife nachreichen - einfach nach dem Namen im Paketmanager suchen. Die Aktivierung erfolgt dann über das Desktop-Effekte-Einstellungstool - vorausgesetzt die eigene Grafik-Hardware wird unterstützt. Benötigt die GNOME Shell doch eine funktionstüchtige 3D-Beschleunigung.

Grafik

Von Haus sollte diese Hürde für Intel- und die meisten ATI-Grafikchips kein Problem darstellen. Wer eine Nvidia-Karte sein eigen nennt, muss allerdings wie gewohnt die proprietären Treiber des Herstellers nachrüsten, die wie in früheren Versionen auch über das externe RPMFusion-Repository verfügbar sind.

Classic

Für all jene, die die GNOME Shell nicht benutzen können - oder wollen, ein kleiner Hinweis am Rande: Parallel zum neuen Interface von GNOME 3.0 will man auch ein "GNOME Classic" weiterpflegen, das statt der GNOME Shell das gewohnte Panel der 2.x-Serie zum Einsatz bringt.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Von Zeit zu Zeit gibt man sich bei Fedora nicht damit zufrieden, die aktuellste stabile Version einer Software auszuliefern, sondern greift gleich zu einer Entwicklungsversion. Bei Fedora 14 hat OpenOffice.org dieses Schicksal getroffen, hier ist also bereits eine Test-Release von OpenOffice.org 3.3.0 eingeflossen.

Interface

Angesichts dessen, dass die neue Generation der freien Office-Suite ohnehin schon bald veröffentlicht werden soll, eine durchaus zu begrüßende Entscheidung, bringt diese doch auch so manch zentrale Verbesserung mit sich. Dazu gehören Aufräumarbeiten an der Oberfläche der Präsentationskomponente Impress, die aus dem "Projekt Renaissance" resultierten. Mit diesem prüft man die eigenen User-Interface-Ansätze auf ihre Alltagstauglichkeit - und versucht daraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen.

Passwort

Außerdem kann OpenOffice.org 3.3 mit einem verbesserten Passwortschutz aufwarten. Neben dem bereits bislang vorhandenen vollständigen Sperren eines Dokuments, kann nun auch gezielt nur der Schreibzugriff darauf blockiert werden. BenutzerInnen der Tabellenkalkulation Calc dürfen sich darüber freuen, dass diese nun mit bis zu einer Million Zeilen umgehen kann, auch wenn dies wohl für die breite Masse ein eher theoretischer Wert bleiben wird.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Gröber umgestaltet wurde der Druckdialog der Software, dies macht sich etwa an der Integration einer Vorschaufunktion bemerkbar. Nach dem ersten Start der Anwendung wird übrigens automatisch der Schnellstarter aktiviert, der künftig bei jedem Login automatisch Teile von OpenOffice.org lädt, um die Wartezeit nach dem Aufrufen des Programms zu  verkürzen. Ob dies tatsächlich noch Sinn macht, sei dahin gestellt, gerade auf aktuellen Rechnern ist hier kaum mehr ein Unterschied wahrnehmbar. Wer will kann den Schnellstarter also getrost deaktivieren.

LibreOffice

Die aktuelle Ausgabe soll zudem die letzte mit OpenOffice.org sein. Dies nicht deswegen, weil man plötzlich auf eine Office-Suite verzichten will, sondern da Fedora / Red Hat ganz hinter der vor einigen Wochen angekündigten Abspaltung LibreOffice steht. Mit Fedora 15 wird man hier also den entsprechenden Wechsel vollziehen, für die aktuelle Ausgabe der Distribution kam die Ankündigung des Forks allerdings zu spät.

Platz

Eine Anmerkung noch für alle, die sich jetzt wundern, warum bei ihnen kein OpenOffice.org installiert ist: Dies wandert nur beim DVD-Install von Haus aus auf die Festplatte, bei der Live-CD hat man die Office-Suite bislang aus Platzgründen noch nicht unterbringen können. Etwas Hoffnung gibt es in dieser Hinsicht für Fedora 15, hier sollen dann alle Pakete mit dem effizienteren LZMA-Algorithmus gepackt werden - was zusätzlichen Raum freischaufeln sollte.

Screenshot: Andreas Proschofsky

In Browser-Fragen gibt man sich nicht gar so verwegen, und wählt mit Firefox 3.6.x lieber die stabile Route. Auch dies eine durchaus nachvollziehbare Entscheidung, dürfte sich die Veröffentlichung von Firefox 4 doch noch etwas ziehen - zudem sind noch längst nicht alle Addons aktualisiert. Auch lässt sich die kommende Browsergeneration über ein externes Verzeichnis relativ einfach nachreichen.

Youtube

Eine Modifikation, die auch deswegen interessant ist, weil Fedora 14 im Zusammenspiel mit Firefox 4 einen netten, neuen Trick beherrscht: Das Abspielen von Youtube-Videos ganz ohne die Nachinstallation von irgendwelchen Codecs. Zu verdanken ist dies dem freien WebM-Format, das YouTube mittlerweile alternativ nutzen kann und dessen Video- und Audio-Codecs die Distribution bereits von Haus aus mitliefert.

Fusion

Allen Bestrebungen von Mozilla, Google und Co. zum Trotz - so ganz ohne nicht-freie Codecs werden wohl nur die wenigsten durch den multimedialen Alltag segeln können. Entsprechend auch hier noch mal der Hinweis auf das zuvor schon kurz erwähnte RPMFusion-Projekt, wo so ziemlich alles in Audio- und Videofragen abgedeckt wird, was man so brauchen könnte.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Ist RPMFusion einmal eingerichtet, geht dafür dann alles recht unkompliziert. Wird ein Video abgespielt, für das kein Codec vorhanden ist, schlägt Fedora die Suche nach einem passenden Paket vor.  Die Installation desselben ist dann nur mehr Formsache - all das funktioniert aber ohnehin schon ein paar Releases recht zuverlässig. Eine nette Verbesserung für den gesamten Desktop ist die Aufnahme der libjpeg-turbo. Auf allen CPUs mit SSE-Support soll diese sowohl bei der Erstellung als auch bei der Darstellung von JPEG-Bildern zumindest doppelt so schnell als die "normale" libjpeg sein. Selbst auf Plattformen ohne SSE verspricht man noch einen Geschwindigkeitszuwachs von rund 25 Prozent.

Kern

Das Herz des Systems bildet ein Kernel in der Version 2.6.35, die vor kurzem veröffentlicht Version 2.6.36 ist für den Feature Freeze nicht mehr rechtzeitig fertig geworden. Dabei sei darauf hingewiesen, dass der Hardwaresupport bei Fedora angesichts der aktuellen Komponenten - und der laufenden Aktualisierung - zwar meist recht gut ist, die Distribution aber auch darauf verzichtet, Treiber aus dem noch nicht als stabil angesehenen Staging-Bereich des Kernels zu installieren. Konkret betrifft dies etwa einige WLAN-Treiber, die vorerst ebenfalls über RPMFusion nachgereicht werden müssen.

Entwicklung

Fedora bemüht sich traditionell eine besonders freundliche Umgebung für EntwicklerInnen zu sein. In der aktuellen Release wird dies wieder einmal besonders deutlich: So gibt es bereits Python 2.7, parallel dazu lässt sich auch Python 3 installieren. Mit "Rakudo Star" ist eine frühe Implementation von Perl 6 basierend auf der Parrot Virtual Machine enthalten. Und wem dies noch nicht reicht, der bekommt auch noch Erlang R14 geboten, erstmals unterstützt man zudem offiziell die Programmiersprache "D". Die Entwicklungsumgebung Netbeans wurde auf die Version 6.9 aktualisiert, das aktuelle Eclipse Helios ist ebenfalls mit dabei

Screenshot: Andreas Proschofsky

Einige der größeren Neuerungen von Fedora 14 sind vor allem für den Enterprise-Einsatz interessant: So hat man mit Spice eine neue Lösung im Bereich Desktop-Virtualisierung im Angebot. Wer sich darunter so gar nichts vorstellen kann: Das eigentliche Betriebssystem wird in einer virtuellen Maschine auf einem Server betrieben, lokal kümmert sich dann meist ein Thin Client um die Darstellung. Spice nutzt nun die 2D-Hardwarebeschleunigung der Grafikkarte um die Ausgabe zu optimieren, konkret soll sich so sogar HD-Video ruckelfrei darstellen lassen. Die Übertragung zwischen Server und Client erledigt Spice dabei auf Wunsch verschlüsselt.

Sicherheit

Ein weiterer Neuzugang ist OpenSCAP, eine Open-Source-Implementation des Security Content Automation Protocol (SCAP), das vom National Institute of Standards and Technology (NIST) verwaltet wird. Mit den im Rahmen von OpenSCAP gebotenen Tools sollen AdminstratorInnen standardisierte Methoden für diverse Sicherheitsüberprüfungen an die Hand gegeben werden. So kann etwa nachgesehen werden, ob Einstellungen manipuliert wurden, ob alle aktuellen Sicherheitspatches eingespielt sind oder auch ob es Zeichen für einen Einbruch am System gibt. Mit ipmiutil integriert man ein neues Tools zur Serverwartung, welches für entsprechende Aufgaben das namens gebende Intelligent Platform Management Interface (IPMI) nutzt

Debugger

Verbesserungen hat man außerdem am gdb, dem GNU Debugger vorgenommen, vor allem was das Debuggen des Speichers anbelangt - dies über die von Red Hat entwickelte Anbindung für Python-Skripte. Zu den anfänglich genannten Installationsoptionen gesellt sich mit Fedora 14 noch eine weitere: Die aktuelle Release ist auch auf Amazons Cloud-Plattform EC2 verfügbar, ein entsprechendes System lässt sich also mit wenigen Handgriffen einrichten. In Zukunft will man hier auch noch anpassbare Images erlauben, momentan gibt es mal "nur" das Default-Set.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Noch mal extra herausgestrichen sei, dass Fedora keineswegs ausschließlich GNOME zur Verfügung stellt. So ist bei Fedora 14 auch ein ziemlich aktueller KDE 4.5.2 - bzw. seit kurzem eigentlich "Plasma Desktop - im Angebot, dies sogar schon mit Qt 4.7.0 im Hintergrund.

Sugar

Eine weitere Option ist die Sugar Learning Platform, und damit jenes für den "100-Dollar-Laptop" geschaffene Interface, in dessen Entwicklung Red Hat anfänglich relativ stark involviert war. Wer nicht gleich ein vollständiges Sugar-System einrichten will, kann dieses natürlich auch auf einem bestehenden System nachinstallieren. Die Wahl zwischen klassischem Desktop und Sugar erfolgt dann über den Login-Manager.

MeeGo

Pakete für - einen Teil von - Intels MeeGo Netbook Experience sind ebenfalls im Angebot, der ursprünglich anvisierte Netbook-Spin hat sich bisher jedoch noch nicht materialisiert. Nicht sonderlich erfreulich ist außerdem, dass MeeGo eine eigene Version des Fenstermanagers Mutter zum Einsatz bringt, die jener von der GNOME Shell genutzten im Weg steht (weil MeeGo noch GTK+2 verwendet). Hier heißt es also auch für experimentierfreudige NutzerInnen: Entweder - oder.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Im Vergleich zu frühen Releases präsentiert sich Fedora 14 mit vergleichsweise moderaten Neuerungen. Dies trifft vor allem auf den Desktop-Bereich zu, und hat dort auch durchaus seine guten Gründe. Arbeiten doch viele der Red-Hat-EntwicklerInnen derzeit eifrig an der Fertigstellung von GNOME 3.0. Dies betrifft die verbliebenen Arbeiten an der GNOME Shell - im Bild ein aktueller Mockup - aber auch vieles darüber hinaus.

Ausblick

So wird etwa das Kontrollzentrum des Desktops gerade stark umgebaut, wobei die Einstellungen nicht nur in einer Oberfläche zusammengeführt sondern auch grundlegend hinterfragt und neu aufgeteilt werden. Neue Konzepte im Umgang mit Benachrichtigungen und die Generalüberholung des optischen Auftritts sind ebenfalls gerade dabei, in Code verwandelt zu werden - und machen schon mal Lust auf Fedora 15.

Fazit

Bis dahin liefert Fedora mit der aktuellen Release eine durchaus solide Linux-Distribution, die sich den Titel "Leading Edge" aus einer Technologie-Perspektive vollkommen zurecht verdient hat. Umgekehrt zeigt sich aber auch weiterhin die Kehrseite dieses Ansatzes: Die Einrichtung proprietärer Treiber ist vergleichsweise mühsam, der eine oder andere Bug - etwa beim manchmal etwas Crash-lastigen Mail/Kalender-Client Evolution - unübersehbar. Allerdings ist Fedora auch eine Distribution, die bei Fehlern üblicherweise recht rasch Updates nachschiebt - wie auch sonst das Volumen an Aktualisierungen vergleichsweise hoch ist. Wer sich von all dem nicht abschrecken lässt, darf ruhigen Gewissens zu Fedora 14 greifen - bestehende NutzerInnen werden das Upgrade ohnehin kaum auslassen. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 07.11.10)

Screenshot: Andreas Proschofsky