"Die besten Bergsteigerinnen der Welt. Die Freiheit am Berg, die Wettläufe um die Achttausender, die Abhängigkeit von den Sponsoren." Eva Maria Bachinger, 256 Seiten, EUR 19,80, ISBN 978-3-85286-199-9

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Eva Maria Bachinger, selbst Alpinistin, interessierte sich neben den Star-Bergsteigerinnen auch für ihre weniger bekannten Vorgängerinnen und Kolleginnen.

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Ob Gerlinde Kaltenbrunners Versuche, den K2 zu erklimmen, oder der angezweifelte Achttausenderrekord der südkoreanischen Bergsteigerin Oh Eun-sun: In den letzten Jahren erlangten durch den möglichen Titel "erste Frau auf allen Achttausendern" Bergsteigerinnen zunehmend mediale Aufmerksamkeit.

Ein neues Buch verfolgt dieses Phänomen nun auf kritische Weise. In "Die besten Bergsteigerinnen der Welt" porträtiert und interviewt Eva Maria Bachinger jene Bergsteigerinnen, die sich das vermarktbare Ziel "erste Frau" gesteckt haben: Gerlinde Kaltenbrunner, Nives Meroi, Edurne Pasabán und Oh Eun-sun. Bachinger, selbst Alpinistin, interessierte sich neben diesen Star-Bergsteigerinnen auch für ihre weniger bekannten Vorgängerinnen und Kolleginnen, für den "Ehrenkodex" Alpinstil oder für das Leben als Profi und die damit verbundene Abhängigkeit von SponsorInnen.

Trotz der zunehmenden Aufmerksamkeit ist der Alpinismus noch immer Männersache. Das macht sich für Bachinger nicht zuletzt an der "ungelenken Berichterstattung" bemerkbar, die sich in Titeln wie "Zickenkrieg am Berg" niederschlägt. Eine ähnlich negative Berichterstattung über Bergsteigerinnen konnte zuletzt nach dem tragischen Tod von Kaltenbrunners Bergkameraden Fredrik Ericsson beobachtet werden. Ericsson kam beim letzten K2-Versuch der österreichischen Bergsteigerin im August ums Leben. Eine weitere "Gelegenheit", Kaltenbrunner einen unbändigen Ehrgeiz vorzuwerfen, der keine Rücksicht auf Verluste nimmt. Bachinger berichtet in ihrem Buch auch von der Berichterstattung über die Gedächtnis-Besteigung 1994 "A woman´s place is on top" für die 1992 verstorbene polnische Bergsteigerin Wanda Rutkiewicz. Bei der zweimonatigen Frauenexpedition war auch ein ORF-Team dabei. Ergebnis war ein TV-Beitrag, der die Salzburger Nachrichten motivierte, die Bergsteigerinnen als ein "hilflos zerstrittenes Häuflein" darzustellen.

Das kann nur "Superwoman" leisten

Auch die "Siegerin" des als Wettrennen klassifizierten "erste Frau auf allen Achttausendern"-Vorhabens muss mit anhaltender Skepsis umgehen. So hätte die 44-jährige Oh Eun-sun den Gipfelsieg am Knachendzönga mitunter kleinen Helferleins wie Sauerstoffflaschen oder einem "riesigem Team" zu verdanken. Zudem wird der Gipfelsieg insgesamt angezweifelt. Die Beweisfotos von Oh Eun-sun würden nicht mit der aktuellen Landschaft übereinstimmen, so der südkoreanische Bergsteigerverband. Auch den extrem raschen Abstieg in kolportierten 3,5 Stunden bei sehr schlechtem Wetter, den nur "Superwoman" leisten könne, brachte Oh keine Beliebtheitspunkte ein. Von der Bergsteigerin selbst war zu all dem wenig zu hören, in "Die besten Bergsteigerinnen der Welt" gibt es nun eines der seltenen Interviews mit der Südkoreanerin, die selbst behauptet, ohne Sauerstoff geklettert zu sein. Ein Machtwort im Falle von Oh Eun-sun sprach schließlich die 86-jährige Chronistin Elisabeth Hawley, schreibt Bachinger. Hawley lässt nur jene in ihre Himalaja-Chronik, die sich in einem Gespräch ihren eingängigen Fragen stellen. "Der Kangchendzönga wird Oh angerechnet, aber es bleibt der Vermerk 'umstritten'". Na dann.

Gerlinde Kaltenbrunner bezeichnet Bachinger hingegen als "Darling der Nation", die mit Understatement über sich und ihren Beruf spricht: "Das Selbstvermarkten liegt mir nicht. Ich will einfach nur Bergsteigen." Dass es ganz so einfach nicht ist, wenn Medienarbeit und SponsorInnen das Bergsteigen finanzieren, weiß aber Bachinger auch aus Kaltenbrunners Umfeld zu berichten. Kaltenbrunners Mann Ralf Dujmovits (ebenfalls Bergsteiger) überprüft die mediale Vermittlung akribisch, seien es nicht ins rechte Licht gerückte Logos auf Pulli und Haube oder wegen zu kritischer Passagen, die JournalistInnen in ihrer Berichten über die Extrembergsteigerin wieder streichen müssen.

Bachinger gelingt mit "Die besten Bergsteigerinnen der Welt" ein detailreicher und spannender Einblick in den Frauenalpinismus. Sie findet in ihrer Darstellung der Bergsteigerinnen einen Weg jenseits von Leistungsfetischismus und Begeisterungsstürme für die Protagonistinnen dieses Sports, bei dem so vielen BergsteigerInnen "die Sprachlosigkeit überkommt, wenn die Warumfrage gestellt wird." (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 3.11.2010)