VAP will Kino.to sperren lassen

Foto: Standard/Newald

Der "Verein für Anti-Piraterie der österreichischen Film- und Videobranche" (VAP) verschärft seine Gangart. Im Rahmen einer Pressekonferenz teilte man am Dienstag mit, dass man den Provider UPC mit einer Unterlassungsklage zwingen will, die Website kino.to für seine Kunden zu sperren. Ein Akt der "Notwehr" gegen den "Gegner UPC" , so Werner Müller vom VAP vor Journalisten. "Da die Seitenbetreiber nicht festgestellt werden können, nehmen wir die Internet Service Provider in die Pflicht."

Provider lehnen Sperre ab

Bereits vergangene Woche klopfte der Verein bei zahlreichen österreichischen Internet Service Providern an und forderte die Sperre von kino.to. Die Provider lehnten ab - der WebStandard berichtete. Die ISPA, die Dachorganisation der heimischen Internetwirtschaft, reagierte mit einer Aussendung auf die Klage. Darin wird betont, dass "Accessprovider, die ihren Kunden den Zugang zum Internet zur Verfügung stellen, gesetzlich nicht ermächtigt, geschweige denn verpflichtet sind, über ihre Leitungen transportierte Informationen zu kontrollieren. Sie nehmen daher auch keine Auswahl oder den Ausschluss von bestimmten Inhalten vor. Es fehlt jegliche Rechtsgrundlage, Websites wegen möglicher Urheberrechtsverletzungen zu blockieren."

UPC betonte gegenüber dem WebStandard, dass man noch keine Klage erhalten habe. "UPC ermöglicht seinen Kunden den Zugang zum Internet, hat allerdings keine Verpflichtung und kein Recht auf Selektion oder Prüfung der darin angebotenen Inhalte."

"Durchwegs illegale Inhalte"

Ein Musterprozess soll nun klären, ob die Sperre von Websites mit "durchwegs illegalen Inhalten" gerichtlich durchgesetzt werden kann, so Müller. Kino.to macht Spielfilme und TV-Serien kostenlos zugänglich. Mittels Streaming-Technologie kann sich jeder Internet-User die Filme kostenlos ansehen. Zu befürchten haben die User nichts, das Ansehen der Filme ist völlig legal, so die VAP. Die Seite befindet sich derzeit auf einem Server in Russland. 

Tausende Arbeitsplätze in Gefahr

Falls der VAP mit seiner Klage Recht bekommt, wäre es die erste gerichtlich durchgesetzte Sperre einer Website in Österreich. Dass damit ein Präzedenzfall geschaffen wird, um auch andere Seiten, etwa welche mit kritischen Berichten oder Postings, sperren zu können - ist für VAP kein Problem. "Es geht nicht um Zensur, sondern um die Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen", so Andreas Manak, seines Zeichens VAP-Rechtsanwalt. Auch seien durch illegale Kopien  Arbeitsplätze in Österreich in Gefahr. "Bei kino.to handelt es sich um hundertprozentige illegale Verbreitung, das muss unterbunden werden."

Keine 100-prozentige Lösung

Dass die Sperre das Problem von Streams und Kopien im Netz nicht zu 100 Prozent lösen wird, ist dem VAP klar, so Manak. Allerdings will man etwas gegen kino.to unternehmen, da "kein Produkt" vor dieser Seite "sicher" sei. 

Zu den Mitgliedern des 2003 gegründeten VAP zählen neben zahlreichen Produktionsfirmen auch Fernsehanstalten, Verlage und Filmverleihe. Winfred Kunze, Geschäftsführer des DVD- und Videovertrieb-Unternehmens Wintrade, sitzt im Vorstand des VAP und sieht viele Teile der Verwertungskette eines Films von dem illegalen Angebot von Filmen im Internet gefährdet. "Das trifft den Videothekar genauso wie die Einkäufer von Elektrohandelsketten, Herstellungsfirmen und Produzenten", erläuterte Kunze bei der Pressekonferenz. "Da hängt nicht nur viel Geld, sondern auch die Sicherung von Arbeitsplätzen dran." Vor allem Independent-Produktionen seien von Piraterie betroffen. "Wir denken immer nur an die großen Filme, aber kein Produkt ist vor kino.to und Klicks sicher", so Kunze. "Von Filmen wie der Doku 'Plastic Planet' verkaufen wir in Österreich nicht einmal 10.000 Stück, wenn da allein 10 bis 20 Prozent durch die illegale Internetpräsenz wegfallen, ist das ein beträchtlicher Verlust."

"Die Filmindustrie gehört zu jenen, die am meisten von Piraterie geschädigt werden"

Kunze verwies auch auf die vom Beratungsunternehmen TERA durchgeführte EU-Studie zu den wirtschaftlichen Folgen von Raubkopien in der europäischen Kreativwirtschaft. Österreich selbst werde in der Studie zwar nicht spezifisch beleuchtet, "man kann aber von zehn Prozent vom deutschen Markt ausgehen", so Kunze. Laut Studie seien in Deutschland im Filmsegment im Laufe der nächsten fünf Jahre mindestens 40.000 Arbeitskräfte gefährdet, "in Österreich sind also bis zu 4.000 Arbeitsplätze betroffen". Für alle 27 EU-Staaten errechnete die Studie, dass die Verluste bis 2015 ohne konkrete Gegenmaßnahmen 56 Milliarden Euro und rund 1,2 Millionen Arbeitsplätze ausmachen werden. "Die Filmindustrie gehört zu jenen, die am meisten von Piraterie geschädigt werden", erläuterte Kunze. "Ich möchte bei dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen, daher engagieren wir uns."

Vorabentscheidungsverfahren

Derzeit läuft am Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein Vorabentscheidungsverfahren einer belgischen Verwertungsgesellschaft gegen einen Service Provider. Auf das Urteil warten wolle der VAP nicht. "Bei offensichtlich rechtswidrigen Situationen soll eine Sperre der Website erfolgen, für strittige Fälle gibt es Gerichte", betonte Manak. Angst, dass eine derartige Rechtsprechung in Zukunft zu leichtfertiger Zensur führen kann, habe man nicht. "Es geht hier um wirtschaftliche Interessen, auf dieser Ebene sollte man das auch diskutieren." (sum/derStandard.at, 2. November 2010)

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