Sechs Hektar Weinberge sind seit 1787 im Besitz der Familie Kierlinger. Sie liegen in Rieden über den ganzen Nussberg verteilt mit spektakulärem Blick über Wien.

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"Die Ernte der Rieslingtrauben ist heuer mager ausgefallen, aber die Säure passt", berichtet Seniorchef Martin Kierlinger. Gemeinsam mit Ehefrau und Sohn - sowie traktorfahrenden Enkerln - betreibt er das Weingut und den Heurigen. Auf den Preis soll sich der geringe Ertrag nicht auswirken. Die Spezialisierung der Kierlingers liegt auf Riesling: "Wiener Riesling", Welschriesling oder „Riesling Rosengartl." Nach dem Hagelschaden im letzten Jahr und der Traubenknappheit heuer komme man 2010 über die Runden, „aber die nächste Ernte muss wieder eine normale werden", hofft der Weinbauer.

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Die Ernte dauert für gewöhnlich zwei Wochen, heuer schlechtwetterbedingt nur eine. Zehn Erntehelfer greifen der Familie in diesem Zeitraum unter die Arme...

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... und schneiden die reifen Trauben von den Stöcken.

Noch zu Beginn des letzten Jahrhunderts zählten die Kierlingers mit einer Landwirtschaft samt Wiesen, Feldern und Kühen zu den Grundversorgern der Metropole. Mit der Industrialisierung und dem Ausbau des Transportwesens spezialisierte sich die Familie ausschließlich auf den Weinbau. Diesen betreiben sie nach ökologischen Grundsätzen: Die Düngung erfolgt mit Stallmist, die Mulchdecke zwischen den Rebzeilen wird erhalten.

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Die Trauben landen in einem Kübel.

"Wir wollen Weine keltern, die ein getreues Abbild des Jahres, des Bodens und des speziellen Mikroklimas des Nussbergs sind", lautet die Philosophie der Kierlingers. So pflegt man Rebsorten wie Rheinriesling, grünen Veltliner, Welschriesling oder Weißburgunder, die traditionellerweise auf den Hängen des Nussbergs gedeihen.

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Die Trauben werden aus dem Kübel in den Anhänger gekippt.

Die ältesten Weinstöcke sind 30 Jahre alt, danach werfen sie keinen Ertrag mehr ab und werden durch neue ersetzt. Nach dem Aussetzen der jungen Weinstöcke dauert es vier Jahre bis zur ersten ertragreichen Ernte.

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Auch der „Gemischte Satz" kommt nicht zu kurz. Der typische Wiener Wein setzt sich aus vier bis sechs Sorten - üblicherweise Grüner Veltliner, Rheinriesling, Welschriesling, Neuburger und Sylvaner - zusammen. Die Rebstöcke werden gemeinsam ausgepflanzt, die Trauben gemeinsam gelesen, vergoren und gekeltert.

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Auf dem Weg vom Weinberg zum Weingut.

Um den Werdegang des Wiener Weins all jenen zugänglich zu machen, die täglich damit zu tun haben, lädt Kierlinger die Lehrlinge der Hotels Bristol und Imperial regelmäßig zur Weinlese, -pressung und Verkostung. Auch Kindergarten- und Schulkinder führt der Winzer regelmäßig vom Weingarten bis zum Heurigen - ein Ereignis, das in diesem Fall mit süßem Traubenmost begossen wird.

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"Ob Hagel wie letztes Jahr oder schlechtes Wetter wie heuer, die Stammgäste leben mit uns mit. Es gibt nicht viele Branchen, wo man so eng mit dem Gast und dem Werden des Produktes verbunden ist. Wo vom Ursprung bis zum Glas auf dem Tisch alles in einer Hand ist."

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Stefan aus Kroatien arbeitet seit zwei Jahren zur Zeit der Lese im Weingut. Gegen die Oxidation streut er eine Handvoll Schwefel über die Trauben.

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Martin Kierlinger befestigt den Schlauch am Anhänger.

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Im Presshaus befestigt man gemeinsam den Schlauch an der Presse.

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Draußen im Erntewagen dreht und quetscht eine Schraube die Trauben durch den Schlauch in die Presse.

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Der Chef hilft beim Transport nach.

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Die Trauben werden aus dem Schlauch in die Presse gepumpt.

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Stefan sichert den Deckel.

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Der Holzbottich der Presse beginnt sich zu drehen.

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Durch das Antriebsrad werden die Trauben in der Presse zu Tresterkuchen zusammen gedrückt.

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Die Ketten in der Presse reißen den Trester während des Pressvorganges wieder auseinander - "Scheidung" lautet der fachspezifische Ausdruck für diesen Vorgang. Immer wieder wird der Motor abgestellt, damit der Traubensaft abtropfen kann.

Einen Teil der gepressten Trauben lassen die Kierlingers pasteurisieren, damit das ganze Jahr hindurch Traubensaft im Heurigenbetrieb ausgeschenkt werden kann.

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Der Traubensaft rinnt über einen weiteren Schlauch aus der Presse in den Tank, wo sich über Nacht die Schwebstoffe absetzen. Am nächsten Tag wird der Traubenmost in einen weiteren Tank in den Keller geleitet, wo die Reinzuchthefe zugefügt wird. Mit Wasser auf rund 18°C runter gekühlt, erfährt der Wein die Prozesse der Vor-, Haupt- und Nachgärung. "Nach einer Woche hat er eine schön durchgezogene Gärung. Das gibt einen klaren Charakter", weiß der Weinbauer.

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Zwei Mal täglich presst man während der Ernte, im Fall sehr ertragreicher Ernten auch drei Mal. Von sieben Uhr früh bis sieben Uhr Abend dauert der Tag der Weinbauern und ihrer Helfer. Danach muss der Schlauch noch gründlich gereinigt werden.

Bereits wenige Wochen nach der Lese und Pressung wird der "Junge Wiener" ausgeschenkt. "Aber Wein ist wie ein kleines Kind, das einem Wachstumsprozess unterliegt", betont Kierlinger. "Nach einer Woche schmeckt er schon wieder ganz anders." Den naturtrüben "Staubigen" gibt's dann im November etwa drei bis vier Wochen lang - bevorzugt zum Martinigansl.

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Weinbau und Heuriger Kierlinger
Kahlenbergerstraße 20 1190 Wien-Nußdorf
+43 1 372264
www.kierlinger.at

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