Dass diesen alten Mann mit seiner sonoren Stimme so viele Leute bewunderten, gar anhimmelten, wollte in meinen Dickkopf nicht und nicht hinein. Wessen Sätze dermaßen zäh, hochtrabend und unverständlich-verworren aus dem Radio quollen, wie jene von Kanzler Bruno Kreisky, der konnte für ein Kind im besten Volksschulalter schlicht nicht modern sein. Die Zeit im Bild, in der der Alte über Ölpreisschock und autofreie Tage extemporierte, dauerte gefühlte zwei Stunden. Uncooler ging's nicht.

Wie um alles in der Welt glaubte der in Staatskarossen durch Wiens Prachtstraßen chauffierte alte Mann, sollte Vati am - zuvor selbstgewählten - Tag der automobilen Enthaltsamkeit ins Autoersatzteilgeschäft kommen? Und müssen wir jetzt verhungern, weil der Herr Bundeskanzler "autofrei" verordnete? Mussten wir natürlich nicht, die zwanghafte Autofreiheit blieb Theorie.

Die von der Presse prompt gehässig propagierte energiesparende Nassrasur amüsierte mich - inzwischen Teenie und dank Bruno ohne Aufnahmsprüfung ins Gymnasium aufgestiegen - schon eher. Wohl sprengte die Vorstellung eines Elektrorasierers als Stromfresser meinen Horizont. So viel Strom konnte selbst der luxuriöseste Elektrorasierer nicht verbrauchen, dass dafür im Tullnerfeld ein Atomkraftwerk in Betrieb gehen müsste. Musste es nicht. Zwentendorf hatte Milliarden (Schilling) verschlungen und wurde trotzdem eingemottet. Der Sonnenkönig blieb uns dennoch erhalten. Ich bin der Meinung, so viel Pragmatismus sollte sich die Regierung auch beim Koralmtunnel leisten. (Luise Ungerböck/DER STANDARD/Printausgabe/31.10.2010)